Ein Märchen geht weiter
Nach dem Tod von Hotelinvestor Karl-Heinz Kipp führt neu sein Enkel die Tschuggen Hotel Group.

Eigentlich wollte der Selfmade-Multimilliardär Karl-Heinz Kipp gar nie eine Hotelgruppe gründen. Das habe sich einfach so ergeben, sagte der im vergangenen Oktober im Alter von 93 Jahren verstorbene Wahlschweizer. Begonnen hatte es in Arosa, wo die Familie jeweils die Winterferien verbrachte. Man wohnte im damaligen Park-Hotel und nicht in der Fünfsternherberge Tschuggen, wo es Kipp «zu steif» zu und her ging. Als das Tschuggen in Schieflage geriet, kaufte er es dennoch. Das war 1980. Vor elf Jahren investierte er 80 Millionen ins Haus. Die Hälfte davon ging an Mario Botta, der einen Wellnesstempel von Weltruf in den Berg hauen durfte.
1986 brachte Kipp seinen aus dem Nichts aufgebauten Milliardenkonzern mit 30 Massa-Supermärkten an die Börse und zog sich mit Gattin Hanni in seine Penthousewohnung im Tschuggen zurück. Kurz zuvor hatte er mit dem Sporthotel Valsana sein zweites Hotel in Arosa gekauft. Das Viersternhaus war stets eine Art Kuckucksei in der Hotelgruppe, zu der später die Luxusherbergen Carlton in St. Moritz und Eden Roc in Ascona stiessen. Aber das Valsana verfügte über Tennisplätze, und Tennisfan Kipp liess gleich noch eine Halle hinstellen. Dass mit dem Valsana etwas passieren musste, war ihm freilich schon lange klar. Im April 2015 war es dann soweit: Das 115 Jahre alte Hotel wurde abgerissen und wird am 7. Dezember als Valsana Hotel & Appartements wiedereröffnet.
Entstanden ist für über 50 Millionen Franken ein dreiteiliger Komplex mit 40 grosszügigen Zimmern und Juniorsuiten, einer Loftsuite, neun Familienappartements mit Hotelservice, elf Eigentumswohnungen und einer 800 Quadratmeter grossen Wellnessoase. Lobby, Lounge, Rezeption, Restaurant und Bar wurden auf raffinierte Weise zusammengefügt. Zum Komplex zählen auch ein Coop-Supermarkt, ein medizinisches Zentrum und ein Sportgeschäft. Das neue Valsana Hotel & Appartements ist ein enormer Gewinn für Arosa und wird die lokale Hotellerie neu aufmischen. Eröffnet wird es als Zweisaisonbetrieb mit tagesaktuellen Preisen von Renate Blaser sowie Daniel und Andrea Durrer, die das alte Valsana 16 Jahre lang prägten.
Ein lockeres, unkompliziertes Haus zum Wohlfühlen
«Das Valsana ist mein Quereinstieg in die Hotellerie», sagt Götz Bechtolsheimer. Der 39-jährige Enkel von Karl-Heinz Kipp war im Endspurt fast täglich auf der Baustelle und hatte «einen Riesenspass» an der Sache. «Ein lockeres, unkompliziertes Haus zum Wohlfühlen» soll das Valsana werden, sagt er. «Mit einem gewissen Luxus, aber ohne Schnickschnack.» Ob er der neue starke Mann innerhalb der Tschuggen Hotel Group ist, ist ihm nicht so wichtig. Jedenfalls hat Grossvater Karl-Heinz Kipp den Generationenwechsel rechtzeitig in die Wege geleitet. Bereits im Juli vergangenen Jahres trat er das VR-Präsidium an Tochter Ursula Bechtolsheimer ab, die bei allen Entscheidungen, Um- und Neubauten schon lange die Führungsrolle innehatte. Enkel Götz, der an der London School of Economics in internationaler Geschichte promoviert hat, wurde zum Delegierten ernannt. «Mein Grossvater hat seine Hotels geliebt», sagt Götz Bechtolsheimer. «Meine Mutter hat sein Werk mit Leidenschaft weitergeführt, und ich versuche jetzt, neue, innovative Ideen hineinzubringen.»
Mit dem Boutiquehotel Carcani in Ascona zählt die Gruppe fünf Hotels. Im Lauf der Jahre hat Karl-Heinz Kipp gegen eine halbe Milliarde Franken in die Prachthäuser gesteckt, die es ohne ihn nicht mehr gäbe. Er ist damit zum grössten privaten Hotelinvestor im Land geworden. Für seinen Enkel ist klar, dass alle Hotels schwarze Zahlen schreiben müssen. Auch das nur im Winter geöffnete Carlton. Von einem Verkauf will er nichts wissen: «Das Carlton ist ein Bijou, wir müssen es nur besser vermarkten.» Die Chancen stehen gut. Der neue General Manager Philippe Clarinval hat zuvor schon die Omnia Mountain Lodge in Zermatt auf Erfolg getrimmt.
Obwohl die sechsköpfige Familie Bechtolsheimer Ende der 80er-Jahre ihren Lebensmittelpunkt in die Nähe von London verlegte, ist ihr Bezug zur Schweiz eng. Vor allem zu Arosa, wo alle schon als Knirpse über die Skipisten flitzten. Mutter Ursula und ihre vier Kinder Götz, Felix, Till und Laura besitzen denn auch das Aroser Bürgerrecht. So intensiv sich Götz Bechtolsheimer jetzt auch um die Schweizer Hotelgruppe kümmert, seine Haupttätigkeit bleibt eine andere: Obwohl in London wohnhaft, verwaltet er seit über zehn Jahren den immensen Immobilienbesitz der Familie in Deutschland und der Schweiz.
«Noch bin ich zu neu, um eine Strategie für unsere Hotelgruppe zu haben», sagt Götz Bechtolsheimer. Ein wichtiger Entscheid indes ist gefallen. Er betrifft die Immobilie am Zürcher Paradeplatz (Gassmann-Haus), die von der Familie im vergangenen Jahr für über 100 Millionen Franken erworben wurde. «Es wird kein Hotel», verrät Götz Bechtolsheimer und beendet damit die Spekulationen. Gleichzeitig schliesst er nicht aus, dass dereinst das eine oder andere passende Haus neu zur Gruppe stossen könnte. Womit klar ist: Kipps Nachkommen schreiben eine märchenhafte Story weiter.
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