Ein Mord in Mafiamanier
Im Norden Kosovos wurde der prominente Politiker Oliver Ivanovic erschossen. Er war ein scharfer Kritiker der kriminellen Gruppen, die angeblich von Belgrad unterstützt werden.

Die Mörder kamen mit dem Auto, eröffneten das Feuer und entfernten sich schnell vom Tatort. Für Oliver Ivanovic kam jede Hilfe zu spät, er erlag seinen Wunden im Spital. Mehrere Schüsse trafen den prominenten Politiker der Kosovo-Serben am Dienstag, als er die Zentrale seiner Partei im Norden der Stadt Mitrovica betreten wollte. Das Attentat auf Ivanovic erfolgte wenige Tage, nachdem das US-Aussenministerium vor Anschlägen im serbisch dominierten Norden Kosovos gewarnt hatte. Die Spannungen zwischen den dortigen Serben würden zunehmen, hiess es.
Laut serbischen Medien wurde Ivanovic mit einer Schalldämpfer-Pistole erschossen. Die Polizei fand in der Nähe von Mitrovica ein ausgebranntes Auto, bei dem es sich offenbar um den Wagen der unbekannten Täter handelt. Ivanovic war Chef einer kleinen Bürgerinitiative, die in Opposition zur «Serbischen Liste» stand. Diese Partei wird direkt von der Belgrader Regierung kontrolliert und ist die wichtigste politische Kraft der Serben in Kosovo. Die Regierung in Pristina verurteilte den Angriff.
Vor Eskalation gewarnt
Serbiens Staatschef Aleksandar Vucic sprach von einer «terroristischen Tat». Als Reaktion auf den Mord an Ivanovic brach die serbische Delegation einen von der EU vermittelten Dialog mit kosovarischen Vertretern in Brüssel ab. Auf einer Pressekonferenz in Belgrad reagierte Vucic gereizt auf jede kritische Frage von Journalisten. Sie warfen ihm indirekt vor, mitverantwortlich zu sein für die chaotische Lage im Norden Kosovos, wo Belgrad viel Einfluss hat.
Vucic holte wie immer zum Gegenschlag aus: Die Medien seien «Satrapen» der Opposition, die von armseligen Kreaturen und Dieben dominiert werde. Die harschen Worte sollten davon ablenken, dass Serbien seit Kriegsende in Kosovo vor bald zwei Jahrzehnten häufig kriminelle Strukturen unterstützt hat, um seine Macht zu behalten und nach 2008 die Unabhängigkeit der ehemaligen Provinz zu sabotieren.
Oliver Ivanovic hatte in den letzten Monaten vor einer Eskalation der Lage im Norden Kosovos gewarnt. Als er eine Kandidatur für das Bürgermeisteramt von Nord-Mitrovica ankündigte, wurde sein Auto angezündet. In einem Interview mit der Zeitschrift «Vreme» sagte er, die Serben im Norden Kosovos hätten jetzt Angst vor «extremistischen Serben». 2014 war ein Weggefährte von ihm erschossen worden.
International geschätzt
Ivanovic war ein schillernder, pragmatischer Politiker. Nach dem Krieg in Kosovo wurde er einer der Führer der Kosovo-Serben. Er unterstützte den Dialog mit der albanischen Bevölkerungsmehrheit und war jahrelang ein geschätzter Gesprächspartner der internationalen Gemeinschaft.

Als er sich für die Teilnahme der serbischen Minderheit an kosovarischen Wahlen aussprach, fiel er in Ungnade der Machthaber in Belgrad. Eine Teilung Kosovos lehnte er ab, weil die Mehrheit der etwa 100'000 verbliebenen Serben in Kosovo nicht im Norden, sondern im Süden des Landes lebte. Käme es zu einer Spaltung, wäre die Zukunft der restlichen Serben nicht sicher, meinte Ivanovic im Gespräch.
Der Ingenieur und Karatemeister, der wegen eines Augenleidens nicht Militärpilot werden konnte, war einer der wenigen serbischen Politiker in Kosovo, der Albanisch sprach. 2015 war er von einem Gericht in Kosovo zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt worden – angeblich wegen Kriegsverbrechen an kosovo-albanischen Zivilisten. Ein Berufungsgericht kippte das Urteil und ordnete einen neuen Prozess an.
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