Ein mutmasslicher Kriegsverbrecher auf Reisen
Der sudanesische Präsident Omar al-Baschir ist trotz eines internationalen Haftbefehls zu einem Staatsbesuch ins Nachbarland Tschad gereist. Das Land anerkennt den Internationalen Strafgerichtshof.

Der wegen Kriegsverbrechen und Völkermords per Haftbefehl gesuchte sudanesische Staatschef Omar al-Baschir hat in der Auseinandersetzung mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) seine Kritiker vorgeführt: Er reiste am Mittwoch ins Nachbarland Tschad, das die Rechtsprechung des Tribunals grundsätzlich anerkennt. Dennoch kündigte die tschadische Regierung in N'Djamena an, Baschir werde nicht festgenommen.
«Baschir wird nicht im Tschad festgenommen werden», sagte der tschadische Innenminister Ahmat Mahamat Bachir der Nachrichtenagentur AFP. Sein Land sei «ein souveräner und unabhängiger Staat». «Wir hängen nicht von Befehlen internationaler Einrichtungen ab», fügte der Minister hinzu. Seine Regierung folge der Position der Afrikanischen Union (AU), die Baschir nicht dem IStGH übergeben will.
Auf dem Flughafen der tschadischen Hauptstadt N'Djamena begrüsste Staatschef Idriss Deby Itno seinen sudanesischen Kollegen. Baschir sagte vor Journalisten, mit seinem Besuch wolle er den gemeinsamen Willen des Sudans und des Tschads zeigen, nach ihren Meinungsverschiedenheiten «ein neues Kapitel aufzuschlagen». Nach fünf Jahren Krieg zwischen Rebellen hatten der Sudan und der Tschad Mitte Januar ein Grenzabkommen geschlossen. Seither haben sich die beiderseitigen Beziehungen normalisiert. Baschir wollte ab Donnerstag an einem zweitägigen Gipfeltreffen der Sahel-Sahara-Staaten (Cen-Sad) teilnehmen.
«Verpflichtung, mit dem Tribunal zusammenzuarbeiten»
Mit seiner Reise in den Tschad besuchte Baschir nach sudanesischen Angaben erstmals seit dem Erlass des IStGH-Haftbefehls gegen ihn ein Land, das die Rechtsprechung des Tribunals anerkennt. Ein IStGH-Sprecher erklärte dazu in Den Haag, der Tschad habe die «Verpflichtung, mit dem Tribunal zusammenzuarbeiten».
Der Tschad gehört zu den Unterzeichnern des sogenannten Rom-Statuts, der Gründungsakte für den IStGH. Damit ist das Land theoretisch dazu verpflichtet, vom Strafgerichtshof gesuchte Verdächtige festzunehmen, die sich auf seinem Territorium aufhalten.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Der IStGH hatte im März 2009 Haftbefehl gegen Baschir wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur erlassen. In der Krisenregion kämpfen seit 2003 Rebellenorganisationen gegen regierungstreue arabische Milizen und die sudanesischen Streitkräfte. Dabei kamen nach UN-Angaben etwa 300'000 Menschen ums Leben; 2,7 Millionen Menschen wurden vertrieben. Mitte Juli stellte der Internationale Strafgerichtshof einen weiteren Haftbefehl gegen Baschir wegen Völkermords aus.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte in London, der Tschad müsse Baschir ausliefern und damit die Botschaft aussenden, «dass die Justiz Vorrang hat». Die Organisation Human Rights Watch unterstützte die Forderung.
AFP/jak
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