Ein Pastor führt Krieg
Die Koran-Verbrennungen in den USA lösten in Afghanistan eine Welle der Gewalt mit vielen Toten aus. Der Verantwortliche, Pastor Terry Jones, ist sich keiner Schuld bewusst. Im Gegenteil.
Bereits im Herbst hat er sie angekündigt, dann aber nach internationalen Protesten zunächst fallengelassen: Nun leitete der umstrittene US-Pastor Terry Jones vor knapp zwei Wochen eine Veranstaltung in der Kirche seiner Gemeinde in Florida, die mit einer Koran-Verbrennung endete. Auch wenn die Proteste erst mit einigen Tagen Verspätung aufflammten, fühlt sich Jones nicht verantwortlich für den brutalen Angriff auf ein UN-Gebäude im afghanischen Masar-i-Scharif mit zahlreichen Toten. Mehr noch: Der Tod der UN-Mitarbeiter werde «nichts an dem ändern, was wir tun».
«Die Zeit ist gekommen, den Islam zur Verantwortung zu ziehen», erklärte Jones am Freitag. «Der Islam ist keine Religion des Friedens.» Die Morde an den UN-Mitarbeitern seien ein sehr tragischer krimineller Akt, die Vereinten Nationen und die USA müssten nun darauf reagieren. Dass er mit seiner Koran-Verbrennung zu den gewalttätigen Protesten beigetragen haben könnte, scheint er nicht zu glauben. «Wir fühlen uns nicht verantwortlich», sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Angestrebte Koran-Verbrennung am 11. September
Weltweit hatte der Kleinstadtprediger Jones bereits für Aufsehen gesorgt, als er im vergangenen Jahr zum Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 zu einer öffentlichen Koran-Verbrennung aufgerufen hatte. Erst durch Druck von ganz oben liess er sich von seinem Plan abbringen. Zuvor hatte er tagelang den Warnungen der US-Regierung und der Nato vor den wütenden Protesten, die seine Aktion in muslimischen Ländern hervorrufen könnte, getrotzt. Am 20. März nun nahm er in seiner Kirche in Gainsville an einem inszenierten «Prozess» teil, in dem die Heilige Schrift des Islam für «schuldig» befunden und verbrannt wurde.
Mit seiner Standhaftigkeit sieht sich Jones in der Tradition biblischer Propheten. Den Pastor der kleinen fundamentalistischen Gemeinde Dove World Outreach Center treibt nach eigenen Angaben die Furcht vor einer Abkehr der USA vom wahren christlichen Glauben. Insbesondere den Islam sieht Jones als dämonische Kraft, die es auf die Schwächung seines Landes abgesehen habe. Seine Botschaft: Der Islam selbst - und nicht nur dessen verzerrte Auslegung durch Radikale - führe zu Gewalt und erfordere deshalb Gegenwehr. «Wenn Ihr uns angreift, greifen wir Euch an», sagt Jones den Muslimen.
Einstiger Hotelmanager
Wenig deutete auf Jones' bisherigem Lebensweg darauf hin, dass er einmal im Zentrum einer internationalen Kontroverse stehen könnte. Der 1952 geborene Kirchenmann arbeitete laut US-Medien früher als Hotelmanager. In den vergangenen 30 Jahren reiste er immer wieder als Missionar nach Europa. In Köln etwa gründete Jones die freikirchliche «Christliche Gemeinschaft», die aber vor Jahren schon mit ihm brach. Deren Sprecher Stephan Baar berichtet von finanziellen Unregelmässigkeiten, für die Jones später eine «Wiedergutmachung» gezahlt habe. Seit 1996 leitet Jones die kleine Gemeinde in Gainesville in Florida. Auf dem Anwesen der Kirche ist er laut örtlichen Medien oft mit einer Pistole am Gürtel zu sehen.
Mit ein paar Dutzend Anhängern ist Jones' Gemeinde klein - zu klein für die Ambitionen des Pastors. Er sieht es als sein Ziel, die Gemeinde von einer «örtlichen Kirche zu einer Kirche mit weltweiter Vision» zu machen, wie er es auf seiner Internetseite formuliert. Dort können im Übrigen auch Kaffeebecher und T-Shirts mit islamfeindlichen Sprüchen erstanden werden.
Nach eigenen Angaben erhielt Jones nach der Koran-Verbrennung in Gainsville Todesdrohungen, «Angst» habe er deswegen aber nicht. Sein 29-jähriger Sohn Luke, ebenfalls Pastor, macht sich zwar angesichts der Drohungen Sorgen um seine Familie, wie er AFP sagte. Aber: «Unsere Überzeugungen sind zu stark.» Und auch er weist jede Verantwortung für die Proteste in Afghanistan, die auch am Samstag anhielten, zurück. «Wir haben nicht zu Gewalt und Morden aufgerufen. Wir haben nur ein Buch verbrannt.»
AFP/mrs
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