Ein Roboter als Kundenberater
In der Schweiz nutzen die ersten Institute sprachbasierte Software, sogenannte Chatbots, um einfache Kundenanfragen zu beantworten.

Es klingt eigentlich zu schön, um wahr zu sein: Der Kunde sitzt abends bequem auf seinem Sofa und diktiert Bankgeschäfte in sein Smartphone. Am anderen Ende der Datenleitung arbeitet ein digitaler Bankberater, ein sogenannter Chatbot. Dieser beantwortet die Fragen des Kunden, berät ihn bei einfachen Anliegen und führt Aufträge aus.
Immer mehr Banken setzen auf solche Chatbots. Diese textbasierten Programme können entweder in gesprochener oder schriftlicher Sprache mit den Kunden kommunizieren. Dass gerade Banken vermehrt Chatbots entwickeln, ist kein Zufall. Denn viele Finanzinstitute haben in den vergangenen Jahren die persönliche Beratung ab- – und dafür ihre Callcenter ausgebaut.
Für repetitive Anfragen, wie sie im Callcenter oft anfallen, können Chatbots eine Lösung sein. Sie sind verhältnismässig günstig zu entwickeln und können im Idealfall den menschlichen Kollegen im Callcenter entlasten, damit dieser mehr Zeit für aufwendige Kundenanliegen oder Verkaufsgespräche hat. Doch was können Chatbots heute bereits leisten, und welche Aufgaben werden sie in Zukunft übernehmen? Ist der Hype gerechtfertigt, der in jüngster Zeit um die plaudernden Beratungsroboter entbrannt ist?
Es funktioniert «grundsätzlich»
Als eine der ersten Banken in der Schweiz lässt neuerdings die Postfinance ihre Kunden mit einem Roboter kommunizieren. Drei Viertel der Anfragen könne dieser bereits erkennen und passend beantworten, teilte die Postfinance diese Woche mit.
Diese Zeitung hat den digitalen Banker getestet. Fazit: Der Chatbot der Postfinance ist bisher nicht viel mehr als eine bessere Suchfunktion. Auf Fragen rund um das Thema Hypotheken zum Beispiel antwortet die Bankensoftware mit den immer gleichen Links. Wenn der Nutzer den Chatbot anschliessend nach den Konditionen fragt, wechselt er zum Kontosortiment.
Eine weitere Pionierin unter den Schweizer Geldhäusern beim Thema Chatbots ist die Credit Suisse. Ihr Angebot hat Bankenprofessor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern getestet. Er kommt zum Schluss, dass der CS-Chatbot «grundsätzlich funktioniert und einige Fragen gut beantwortet». Gleichzeitig hält er das Programm aber für «noch nicht sehr ausgereift». Wirklich weit sei bisher noch keine Bank, hält Dietrich fest.
Selbst wer der Technologie grundsätzlich offen gegenübersteht, traut ihr offenbar nicht ganz.
Der Mehrwert gegenüber einer einfachen Suchfunktion auf der Website scheint im Moment bei beiden Produkten noch gering zu sein. Christine Spietz, Chefin der auf Beratungen im Bereich Digitalisierung spezialisierten Pass Consulting Group, geht sogar so weit, dass sie Chatbots grundsätzlich für wenig nützlich hält, die per Texteingabe gesteuert werden. Einen wirklichen Mehrwert würde erst die Sprachsteuerung bieten, schreibt sie in einem Blog.
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass die Schweizer Chatbots eher zur einfacheren Sorte gehören. Das US-Institut Capital One etwa betreibt laut Beratungsunternehmen Deloitte einen Chatbot, über den die Kunden Zahlungsaufträge ausführen und Kontosalden abfragen können. Und ein britisches Start-up habe ein Programm entwickelt, das sogar die Solvenz- und Risikoprüfung für potenzielle Hypothekarkunden übernehmen könne.
Offene Sicherheitsfragen
Die beiden Beispiele zeigen einerseits, was technisch möglich wäre. Andererseits deuten sie auch an, wo die Schwierigkeiten für Chatbots im Schweizer Banking liegen dürften.
Denn zwei Aspekte sind für die Finanzbranche zentral: Sicherheit und persönliche Beratung. Die noch junge Technologie muss Antworten auf heikle Fragen finden. Wie identifiziert der Chatbot einen Kunden zweifelsfrei? Können Chatbots überlistet und so unerlaubte Zahlungsaufträge aufgegeben werden? Sind die Kunden bereit, persönliche Fragen eines Roboters zu beantworten? Was geschieht mit den Daten, die ein Kunde dem Roboter anvertraut?
Eine Umfrage im Rahmen einer Bachelorarbeit an der Hochschule Luzern hat ergeben, dass gut die Hälfte der Befragten es sich vorstellen könnte, einen Chatbot zu nutzen. Das Ergebnis ist allerdings mit Vorsicht zu geniessen. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, da überproportional viele junge, gut ausgebildete Personen befragt wurden. Und die Bereitschaft, einen Chatbot zu nutzen, ist bei den über 40-Jährigen deutlich tiefer als bei den jüngeren Befragten. Die wichtigsten Gründe dafür, dass Chatbots abgelehnt werden, sind – neben dem fehlenden Bedürfnis – der fehlende persönliche Kontakt und Bedenken zur Sicherheit. Selbst wer der Technologie grundsätzlich offen gegenübersteht, traut ihr offenbar nicht ganz: Von Befragten, die bereit sind, einen Chatbot zu nutzen, würden nur 38 Prozent damit vertrauliche Informationen abfragen.
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