Ein runder Tisch für Asbestopfer
Wie sollen Asbestopfer entschädigt werden? Um die verfahrene Situation zu lösen, hat der Bundesrat einen runden Tisch unter der Leitung von Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger eingesetzt.

Die Aufgabe des runden Tischs wird es sein, den verantwortlichen Unternehmen finanzielle Zugeständnisse abzuringen. Gesundheitsminister Alain Berset wiederholte vor den Bundeshausmedien, was der Bundesrat schon früher klargestellt hatte: Die Verantwortung für die Krankheitsfälle liege nicht beim Bund, sondern bei den Unternehmen. Diese Verantwortung könne nicht auf den Staat abgewälzt werden. Aus diesem Grund habe der Bundesrat auch grosse Vorbehalte gegen einen Fonds für Asbestopfer.
Einen solchen verlangt die Rechtskommission des Nationalrats, ohne sich aber zur Finanzierung zu äussern. Sie will damit das Problem lösen, dass Asbestopfer nicht von den längeren Verjährungsfristen für Personenschäden profitieren, über welche das Parlament derzeit berät: Für eine Rückwirkung zeichnet sich keine Mehrheit ab. Was verjährt ist, bleibt verjährt.
Damit ist der Aktionsradius von Leuenberger abgesteckt: Zusammen mit Vertretern der verantwortlichen Unternehmen, der Wirtschaft, der Gewerkschaften, des Vereins Asbestopfer, der Suva und anderer Behörden soll er eine einvernehmliche Lösung zur finanziellen Entschädigung von Asbestopfern und ihren Angehörigen finden, ohne auf öffentliche Gelder zurückzugreifen. «Keine einfache Aufgabe», wie Berset zugab.
Geld von Unternehmen
Leuenberger wollte einer Lösung nicht vorgreifen, skizzierte aber dennoch, wie eine solche aussehen könnte. Das Resultat des runden Tisches könne beispielsweise eine Stiftung sein, welche mit Beiträgen der Verursacher finanziert würde, sagte er. Ein Reglement würde festlegen, wer Anspruch auf welche Leistungen hat. «Das hätte konkret zur Folge, dass die Einrede der Verjährung nicht mehr gemacht werden könnte.»
Das würde der «massgeschneiderten Lösung» für Asbestopfer entsprechen, welche Justizministerin Simonetta Sommaruga im Nationalrat in der Debatte um die Verjährungsfristen angeregt hatte. Man sei jetzt aber erst am Anfang eines Prozesses, betonte Berset. Mit Resultaten kann ungefähr in einem Jahr gerechnet werden, wie Leuenberger antönte.
Immer neue Opfer
Bis dahin werden wiederum rund 120 Personen an einem tödlichen Bauch- und Brustfelltumor erkrankt sein, weil sie vor Jahrzehnten teils grosse Mengen von Asbestfasern eingeatmet haben. Der lange Zeit als «Wunderfaser» gepriesene Stoff wurde ab 1900 für vielerlei Anwendungen eingesetzt, insbesondere in der Industrie und auf dem Bau, etwa zum Brandschutz, zur Wärmedämmung, als Dachschindeln, Wellplatten oder Rohre.
Obwohl die Suva die Asbest-Staublunge schon 1939 als entschädigungspflichtige Berufskrankheit anerkannte, dauerte es noch einmal 50 Jahre, bis ein schweizweites Asbestverbot in Kraft trat. Da die gesundheitlichen Folgen in der Regel erst Jahre oder gar Jahrzehnte später auftreten, muss noch mit vielen weiteren Asbestopfern gerechnet werden.
Sie können auf die Unfallversicherung zählen, wenn ihre Krankheit berufsbedingt ist. Per Ende 2013 hatte diese 3902 Fälle anerkannt und Versicherungsleistungen von rund 870 Millionen Franken gezahlt. Von den jährlich rund 120 neuen Fällen sind jedoch 20 bis 30 nicht berufsbedingt. Es handelt sich beispielsweise um Personen, die selbstständig erwerbend waren, bei einem Hobby in Kontakt mit Asbest kamen oder die in der Nähe von Asbest verarbeitenden Betrieben lebten. Bei ihnen springen die Krankenversicherung und andere Sozialversicherungen ein, unter dem Strich sind sie aber finanziell schlechtergestellt.
Kurze Verjährungsfrist
Alle Opfer könnten die verantwortlichen Unternehmen oder Personen auf Schadenersatz oder Genugtuung verklagen. Ob berufsbedingt oder nicht, verjähren diese Ansprüche jedoch innerhalb von 10 Jahren. Die Verlängerung auf 20 Jahre steht derzeit im Parlament zur Diskussion. In vielen Fällen dürfte das immer noch zu kurz sein – und für bereits Erkrankte zu spät, weil keine Rückwirkung vorgesehen ist.
Nachdem sich keine politische Lösung abzeichnete, forderten die Asbestopfer sowie die Gewerkschaften einen runden Tisch. In einer Stellungnahme begrüsste der Schweizerische Gewerkschaftsbund den Entscheid des Bundesrats denn auch. Erstes Ziel sei eine rasche finanzielle Lösung für bereits verjährte Fälle. Auch der Gewerkschaftsbund sieht dabei die Unternehmen in der Pflicht.
SDA/thu
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