Ein Stempel auf grün-rosa Papier
Der Asylantrag war längst abgelehnt, Anis Amri ist trotzdem noch in Deutschland. Wie Zehntausende andere Flüchtlinge.
Der Tunesier Anis Amri, der im Verdacht steht, den Anschlag von Berlin verübt zu haben, ist in Deutschland als «Geduldeter» registriert. Dieser Status bedeutet, dass schon längst entschieden wurde, dass eine Person das Land verlassen muss. Die Ausschaffung wird jedoch vorläufig nicht durchgeführt. Ende Oktober waren in Deutschland rund 200'000 Personen ausreisepflichtig. Rund 150'000 von ihnen hatten aber den Geduldeten-Status. Er wird zum Beispiel aus familiären oder gesundheitliche Gründen erteilt, aber auch wenn das Herkunftsland eines Flüchtlings ihn nicht zurücknimmt oder seine Nationalität nicht zweifelsfrei geklärt ist.
Deutschland wollte Anis Amri, der im Juni 2015 und damit vor der grossen Flüchtlingswelle eingereist war, eigentlich ausschaffen. Auch weil er vom Staatsschutz als potenziell gefährlich eingestuft worden war. Tunesien hat ihn allerdings zunächst nicht zurücknehmen wollen. Die tunesischen Behörden haben seine Identität erst am Mittwoch bestätigt – zwei Tage nach dem Anschlag von Berlin.

Der Ausweis für Geduldete – ein einfaches grün-rosa Papier mit Foto und Stempel – wird von den lokalen Behörden ausgestellt. Diese entscheiden auch, ob ein Geduldeter arbeiten darf oder nicht. Theoretisch darf nicht insgesamt länger als eineinhalb Jahre geduldet werden, doch es sind Fälle mit viel längerer Dauer bekannt.
Geduldet in der Schweiz
Auch in der Schweiz können viele Ausschaffungen nicht oder nicht sofort vollzogen werden. Den Ausdruck «geduldet» kennt man hierzulande nicht. Dafür zwei andere Aufenthaltskategorien:
- Werden die Ablehnung des Asylgesuchs und die Wegweisung rechtskräftig, und kommt ein Ausländer der Aufforderung, das Land zu verlassen, nicht nach, hält er sich illegal im Land auf. Folglich gibt es in der Schweiz für diese Personen auch keinen offiziellen Ausweis. Sie sind von der Sozialhilfe ausgeschlossen, dürfen nicht arbeiten, haben aber Anrecht auf Nothilfe. Diese umfasst in der Regel einen Schlafplatz in einer Gemeinschaftsunterkunft, medizinische Versorgung und wenige Franken pro Tag, die für den Rest reichen müssen. 2015 bezogen rund 9000 Personen Nothilfe, teilweise seit mehreren Jahren.
- Ist eine Ausschaffung aus rechtlichen Gründen nicht möglich, werden Ausländer vorläufig aufgenommen. Sie erhalten den sogenannten Ausweis F für ein Jahr, der alle 12 Monate verlängert werden kann. Grund für eine vorläufige Aufnahme kann zum Beispiel sein, wenn einer Person in der Heimat Verfolgung oder Folter droht. Oder wenn eine Ausschaffung etwa aus medizinischen oder sozialen Gründen nicht zumutbar ist. Personen mit Status F können eine Arbeitsbewilligung erhalten und haben auch Zugang zur Sozialhilfe. Vorläufig aufgenommen sind in der Schweiz aktuell gut 36'000 Personen.
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