Porträt online versteigertEin Supermodel schlägt zurück
Emily Ratajkowski will Geld dafür, wenn sie angeglotzt wird: 175’000 Dollar hat die Amerikanerin für ein Foto mit digitaler Signatur bekommen.

Als Model Emily Ratajkowski 2014 eine Ausstellung des Künstlers Richard Prince besuchte, lupfte es ihr den Deckel. Der Mann hatte ein Instagram-Bild von ihr, dessen Copyright er von der Fotoagentur günstig erhalten hatte, zu einem riesigen Porträt aufgeblasen, als Teil seiner Serie «New Portraits», in der er auch andere Persönlichkeiten von Instagram vergrössert auf Leinwand übertrug.
Die Amerikanerin, die sich seither dafür einsetzt, dass Models die Kontrolle über ihre eigenen Bilder zurückgewinnen, kaufte das Teil von Prince für rund 81’000 Dollar. Dann posierte sie davor und nannte das neu entstandene Werk «Buying Myself Back: A Model for Redistribution». Damit dieses Bild nicht auch im Netz gratis dupliziert und veröffentlicht würde, gestaltete sie die Aufnahme als NFT.
Nun sind die «Nifties» gerade in aller Munde, aber da ziemlich abstrakt, seien sie nochmals kurz erklärt: NFTs sind digitale Güter, die per Zertifikat zu Unikaten erklärt werden. Käufer bezahlen Tausende oder sogar Millionen von Franken für ein digitales Werk, von dem im Netz unzählige identische Kopien kursieren. Etwa die Collage «Everydays: The First 5000 Days» des Künstlers Beeple, die durch das Auktionshaus Christie’s für 69 Millionen Dollar versteigert wurde.
Volumen von zwei Milliarden Dollar
Auch Emily Ratajkowskis NFT überzeugte die Anleger. Das reine Digitalfoto wurde gerade bei Christie's für 175’000 Dollar versteigert. Kein Wunder, verzeichnet die Plattform Nonfungible.com, die solche Verkäufe dokumentiert, für das erste Quartal 2021 einen starken Anstieg. Das Verkaufsvolumen liegt in diesem Jahr im Bereich von zwei Milliarden Dollar.
Der Fall Ratajkowski wird nun allenthalben als weibliche Selbstermächtigung gefeiert. Tatsächlich hebelte die 30-Jährige mit dem NFT-Bild die Gesetze des männlich dominierten Kunst- und Modelbetriebs aus. Vor allem aber lässt sie sich zu Recht für ein Bild entlöhnen, das Millionen von Menschen im Internet gratis anschauen. Das Thema hat Ratajkowski auch dazu veranlasst, einen mittlerweile viralgegangenen Essay im Magazin «The Cut» zu veröffentlichen, in dem sie sich an die Situationen in ihrer Karriere erinnert, in denen ihr Bild ohne ihre Einwilligung weiterverbreitet wurde.

Auch Ratajkowskis Berufskollegin Kate Moss kann man als NFT besitzen. Das Supermodel versteigert ein Video von sich selbst beim Schlafen, genannt «Sleep With Kate». Ebenfalls im Angebot: «Walk With Kate» und «Drive With Kate». So nahe wie bei diesem offiziell genehmigten Voyeurismus kommt man einem Supermodel wohl nie wieder.
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