Ein teurer Service ohne Mehrwert
Mithilfe des Bundes wurde heute ein neuer Preisvergleichsdienst lanciert. Noch überzeugt er nicht. Gewerbe und Detailhändler zeigen sich skeptisch.

Wer die Bikerjacke von H&M in Deutschland kauft, bezahlt 13.70 Franken weniger als in einer Filiale in der Schweiz. Auch der bekannte Brotaufstrich von Nutella ist ennet der Grenze günstiger. Bei Edeka bezahlt der Kunde 1.93 Franken, bei Coop und Migros 3.11 Franken. Solche Preisunterschiede macht der heute lancierte Vergleichsdienst Preisbarometer.ch transparent.
Die Plattform wurde vom Konsumentenforum, der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) sowie ihren Westschweizer und Tessiner Schwesterorganisationen ins Leben gerufen. Die Initianten wollen Preisunterschiede zum Ausland aufzeigen, um die Händler hierzulande unter Druck zu setzen. Laut Jean-Marc Vögele vom Eidgenössischen Büro für Konsumentenfragen würden Währungsvorteile noch immer nur zum Teil und zeitverzögert weitergegeben. Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz, sagt: «Wenn die Schweizer im Inland einkaufen sollen, braucht es dringend Massnahmen.»
Technische Schwächen
Die Konsumentenschützer präsentierten auch erste Erkenntnisse, die ihnen Preisbarometer.ch lieferte: So kosten bei allen untersuchten Produktegruppen (Nahrungsmittel, Kosmetika, Kleider, Schuhe, Zeitschriften) die gleichen Warenkörbe in der Schweiz mehr als im benachbartem Ausland. Besonders Zeitschriften sind in der Schweiz viel teurer. Bei den Nahrungsmitteln sind die Unterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland am grössten. Am kleinsten – aber gemäss den Konsumentenschützern immer noch substanziell – sind bei den Esswaren die Unterschiede zwischen der Schweiz und Italien.
Auch wenn Transparenz wünschenswert und im Sinne der Konsumenten ist, ganz überzeugen kann der Vergleichsdienst allerdings nicht. Aus verschiedenen Gründen: Erstens können die Konsumentenschützer zwar Preisunterschiede aufzeigen, die Befunde sind allerdings wenig überraschend. Der Erkenntnisgewinn ist marginal und der Einkaufstourismus längst Realität. Kommt hinzu, dass die Preise nur alle sechs Monate neu erhoben werden. Somit ist es dem Nutzer der Plattform nicht möglich, einen aktuellen Vergleich zu tätigen, was einen regelmässigen Besuch unnötig macht. Zweitens beschränkt sich die Untersuchung auf Markenprodukte und Eigenmarken, welche über die Landesgrenzen verkauft werden. Auch wenn die Macher eine Erweiterung von neuen Kategorien in Aussicht stellen, ist das Angebot recht übersichtlich. Und drittens zeigt der Service – vermutlich wegen der Lancierung – technische Schwächen. Wer den neuen Preisrechner heute im Web nutzen wollte, musste mit ziemlich langen Ladezeiten rechnen, was für einen solchen Dienst nicht sein darf.
Aktionen und Rabatte nicht im Vergleich berücksichtigt
Bei Vertretern der Schweizer Wirtschaft ist das Projekt umstritten. Im Vorfeld kritisierte der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) den nationalen Preisrechner. In der «Aargauer Zeitung» stellte Direktor Hans-Ulrich Bigler den Nutzen einer solchen Plattform stark infrage. Nach einem ersten Test kommt der Gewerbeverband zum Schluss, dass der Barometer falsch informiere, weil er nicht alle Kosten erfasse. So fehlten etwa die Wegkosten der Einkaufstouristen. Auch würden Angebote wie Aktionen, Sortiment, Service und Garantieleistungen nicht berücksichtigt. Der Gewerbeverband fordert deshalb eine «vollständige Überarbeitung» der Internetseite. So sollte beispielsweise den Händlern die Möglichkeit gegeben werden, interaktiv zu erklären, wieso ihre Preise höher sind. Ausserdem solle der Barometer die Vollkosten als Basis nehmen und Angaben zur Kaufkraft machen.
Auch die Detailhändler Migros und Coop äusserten sich skeptisch gegenüber der neuen Vergleichsplattform. Die Migros weist darauf hin, dass Preise nicht einfach miteinander verglichen werden könnten, da die meisten Preisdifferenzen «plausible, oft mehrschichtige Ursachen» hätten. Coop argumentiert, dass es die Aufgabe des Bundes sei, für geeignete Rahmenbedingungen zu sorgen, damit die Märkte funktionieren. «Vor diesem Hintergrund scheint uns die Finanzierung von Preiserhebungsplattformen durch den Bund fragwürdig», so ein Sprecher gegenüber der «Aargauer Zeitung».
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