Ein UBS-Staatsvertrag soll nicht mehr möglich sein
Eine Konsequenz aus der vom Bundesrat abgesegneten Datenlieferung an die USA: Der Nationalrat will der Regierung die Kompetenz wegnehmen, Staatsverträge in Eigenregie vorläufig anzuwenden.

Der Bundesrat soll künftig Staatsverträge nur noch dann vorläufig anwenden dürfen, wenn die zuständigen Parlamentskommissionen zustimmen. Der Nationalrat hat am Dienstag eine entsprechende Gesetzesänderung gutgeheissen. Er reagierte damit auf den UBS-Staatsvertrag mit den USA.
Das Parlament verlangte eine Änderung der heutigen Regeln, nachdem der Bundesrat im Jahr 2010 gegen den Willen der Parlamentskommissionen beschlossen hatte, den UBS-Staatsvertrag mit den USA vorläufig anzuwenden und Daten von UBS-Kunden auszuliefern.
Bundesrat wollte nur leichte Einschränkung
Der Bundesrat war damit einverstanden, seine Kompetenzen leicht einzuschränken. Er hätte aber künftig nur dann auf die vorläufige Anwendung eines Vertrags verzichten wollen, wenn zwei Drittel der Mitglieder beider Parlamentskommissionen Nein sagen.
Dies ging dem Nationalrat zu wenig weit. Er folgte dem Vorschlag seiner Kommission. Demnach soll der Bundesrat auch dann auf die vorläufige Anwendung verzichten müssen, wenn sich eine einfache Mehrheit der Parlamentskommissionen dagegen ausspricht.
Faktisch entscheiden Kommissionen
Justizministerin Simonetta Sommaruga wehrte sich vergeblich gegen diese Änderung. Damit würden künftig die Kommissionen über die vorläufige Anwendung entscheiden und nicht mehr der Bundesrat, gab sie zu bedenken. Der Bundesrat aber müsse handlungsfähig bleiben.
Es gebe Situationen, in welchen die Wahrung der Interessen der Schweiz und die besondere Dringlichkeit es verlangten, dass Verträge vor der Zustimmung des Parlaments in Kraft gesetzt würden. Nur mit dem Vorschlag des Bundesrates werde die Balance gewahrt, sagte Sommaruga.
Null Stimmen für den Bundesrat
Der Vorschlag des Bundesrates erhielt im Nationalrat allerdings keine einzige Stimme. Die Ratsmitglieder waren sich einig, dass das Parlament nach dem UBS-Fall eine weiter gehende Änderung angestrebt hatte. Der Vorschlag der Kommission entsprach den Vorstellungen: Damit werde die Gewaltentrennung besser eingehalten, lautete der Tenor. Das Parlament erhalte mehr Mitspracherechte, ohne dass der Bundesrat zu stark eingeschränkt werde.
Die SVP wollte noch weiter gehen und dem Bundesrat gänzlich verbieten, Staatsverträge vorläufig anzuwenden. Rudolf Joder (SVP/BE) erinnerte daran, dass im Fall des UBS-Staatsvertrags ein Aufschrei durch das Parlament gegangen sei. Einige Fraktionen hätten das wohl schon wieder vergessen. Der Antrag der SVP wurde aber mit 103 zu 57 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
Heute nicht bindend
Heute kann der Bundesrat bei besonderer Dringlichkeit völkerrechtliche Verträge ohne Zustimmung des Parlaments vorläufig anwenden. Spätestens nach sechs Monaten muss er die Verträge dann dem Parlament zur Genehmigung vorlegen. Zwar muss er in einem solchen Fall vorgängig die zuständigen Parlamentskommissionen konsultieren, doch ist er nicht an deren Stellungnahme gebunden.
Neben dem UBS-Staatsvertrag mit den USA war in den letzten Jahren auch ein Abkommen mit Deutschland zum Fluglärm umstritten. Im Oktober 2001 unterzeichneten die Schweiz und Deutschland ein Abkommen, in welchem die vorläufige und sofortige Anwendung bestimmter Massnahmen zur Reduktion des Luftverkehrs über Deutschland vorgesehen war.
Präzisere Regeln
Der Bundesrat ordnete die vorläufige Anwendung dieser Massnahmen an. In der Folge lehnten die eidgenössischen Räte die Genehmigung des Vertrags jedoch ab. Die vorläufige Anwendung völkerrechtlicher Verträge wurde deshalb 2005 geregelt. Nun sollen die Regeln präzisiert werden.
Vorgesehen sind auch weitere Neuerungen. Diese betreffen Verträge von «beschränkter Tragweite», die der Bundesrat selbständig abschliessen kann. Im Gesetz soll präzisiert werden, welche völkerrechtlichen Verträge nicht als Verträge von beschränkter Tragweite gelten.
SDA/mw
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