Neue Erkenntnisse zu CoronaEin Viertel der Covid-Erkrankten klagt über Langzeitfolgen
Zwei Zürcher Studien untersuchen die Auswirkungen von Covid-19 auf besonders exponierte Berufsgruppen und die Folgen einer Erkrankung.

Bis Ende August 2020 haben 3,4 Prozent aller Zürcherinnen und Zürcher eine Coronavirus-Infektion durchgemacht. Ende Jahr stieg dieser Wert auf 8 Prozent an. Dies belegen Studien des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention (EBPI) der Universität Zürich, welche die Zürcher Gesundheitsdirektion (GD) am Freitag präsentierte.
Das EBPI führte einerseits eine Langzeitstudie bei insgesamt 1500 positiv Getesteten durch, bei der die Antikörper nach der Infektion – die sogenannte Immunantwort – und die klinischen Folgen einer Erkrankung untersucht wurden.
Bei 96 Prozent der 450 Teilnehmenden, welche sich im Frühling infiziert hatten, konnten die Forscher nach sechs Monaten noch Antikörper nachweisen. Die Analyse der Daten einer zweiten Gruppe mit 1050 Probanden, die ab August 2020 positiv getestet wurden, ergab, dass jene mit einer schwereren Erkrankung mehr Antikörper im Blut hatten. Bei 15 Prozent – insbesondere jenen mit mildem Verlauf – konnten keine Antikörper nachgewiesen werden.
«Bei einem schweren Verlauf ist das Risiko, unter Langzeitbeschwerden zu leiden, höher – aber es gibt sie auch nach leichtem Verlauf.»
Das bedeute jedoch nicht, dass keine Immunität vorliege, denn diese lasse sich nicht allein anhand der Antikörper feststellen. Es gebe auch Abwehrzellen, die zum Schutz vor dem Virus beitragen können, teilen die Studienverfasser und die GD mit. Die Zürcher Forscher wollen hierzu weitere Untersuchungen anstellen.
Müdigkeit, Husten, Depressionen
Bei der Befragung gab rund ein Viertel der an Covid-19-Erkrankten an, sich sechs Monate nach der Infektion noch nicht ganz erholt zu haben. Als häufigste Beschwerden nannten sie starke Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Husten und Symptome einer mindestens leichten Depression oder Angststörung.
Mindestens jeder Zehnte dieser sogenannten Long-Covid-Betroffenen befinde sich noch in einem schlechten Gesundheitszustand und sei im Alltag sehr eingeschränkt. «Bei einem schweren Verlauf ist das Risiko, unter Langzeitbeschwerden zu leiden, höher – aber es gibt sie auch nach leichtem Verlauf», sagt EBPI-Direktor Milo Puhan.
Die EBPI-Forscher untersuchten ausserdem, wie die sogenannte Seroprävalenz in besonders exponierten Berufsgruppen aussieht. Mit Seroprävalenz wird die Häufigkeit von Antikörpern bezeichnet, die in Blutproben von getesteten Personen einer bestimmten Gruppe festgestellt werden. Das Vorhandensein von Antikörpern gilt als Nachweis für eine durchgemachte Coronavirus-Infektion.
Die Studienverfasser haben die Werte bei Mitarbeitenden von Spitex-Organisationen und Alters- und Pflegeheimen analysiert, die im Frühling 2020 mit besonders vielen Corona-Patienten konfrontiert waren. Die Ergebnisse zeigen, dass die durchschnittliche Seroprävalenz der Spitex-Mitarbeitenden mit 3,8 Prozent nur leicht höher liegt als der Wert in der Gesamtbevölkerung im gleichen Zeitraum.
Grosse Unterschiede zwischen den Heimen
Bei den Mitarbeitenden der Alters- und Pflegeheime hingegen lag der Wert deutlich höher: nämlich bei durchschnittlich 14,9 Prozent. Dabei wurden grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Heimen festgestellt. Die Bandbreite der Seroprävalenz lag zwischen 3,8 und 24,4 Prozent – in gewissen Heimen haben sich also wesentlich mehr Mitarbeitende angesteckt als in anderen.
«Das Virus und seine Folgen werden das Gesundheitswesen noch länger beschäftigen.»
Für die Kantonsärztin Christiane Meier belegen die Resultate, dass jedes Alters- und Pflegeheim ein spezifisch auf seinen Betrieb angepasstes Schutzkonzept benötigt und bei den ersten positiven Fällen umgehend eine Untersuchung durchführen muss. «Denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass dadurch meist einige weitere Fälle – auch bei den Mitarbeitenden – entdeckt werden.»
Meier bezeichnet die Studien als wichtige Informationsquellen für die Versorgungsplanung und die weitere Pandemiebewältigung. «Das Virus und seine Folgen werden das Gesundheitswesen noch länger beschäftigen.»
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