«Ein Witz»
Die Vierschanzentournee wird vom Wind verblasen, die Athleten ärgern sich, und Simon Ammann springt hinterher. Der Anlass verkommt zum Randthema.

Quizfrage: Wer führt gerade die Vierschanzentournee an? Schnelle Antwort: Es ist Daniel-André Tande, 22-jähriger Norweger. Nach dem Neujahrsspringen in Garmisch hat er gestern auch in Innsbruck gewonnen und so die Führung im Gesamtklassement übernommen. Verteidigt er diese Position im letzten Springen morgen in Bischofshofen, ist er der elfte Norweger, der die Zweiländertour gewinnt.
Die traditionsreiche Veranstaltung verkommt in diesem Jahr zu einem eigentlichen Randthema, was nicht zuletzt daran liegt, dass kaum noch klingende Namen mitspringen. Bei den Österreichern fehlt Sorgenkind Gregor Schlierenzauer nach seiner schweren Verletzung noch immer, erst in einer Woche will der 26-Jährige ein erstes Comeback wagen. Auch ein zweiter Thomas Morgenstern ist bei Rotweissrot nicht in Sicht.
Rückläufige Einschaltquoten
Ebenso vermissen die Deutschen eine Überfigur, wie sie sie vor wenigen Jahren in Sven Hannawald, Martin Schmitt oder Michael Uhrmann hatten. Und die Vierschanzentournee mag brav auf den öffentlich-rechtlichen Sendern übertragen werden, ein durch und durch kommerzialisiertes Happening wie einst bei RTL ist sie nicht mehr. Das begrüssen die Traditionalisten, allerdings werden so breitere Kreise von Sportfans nicht mehr erreicht. Die Einschaltquoten sind bis auf gewisse Einzelbewerbe seit Jahren rückläufig.
Und fast am schlimmsten dran sind die Schweizer: Simon Ammann, der Doppel-Doppel-Olympiasieger, springt hinterher wie selten zuvor in seiner Karriere. Seine Ausbeute an den ersten drei Tournee-Springen: die Ränge 37, 43 und 46. Weltcuppunkte: keine. Den Wechsel des Führbeins bei der Landung bekommt Ammann einfach nicht einwandfrei hin.
Am Mittwoch war für den 35-jährigen Ostschweizer klar, wer am Debakel die Schuld trägt: der Wind. Einen solchen Wettkampf habe er noch nie erlebt, wetterte Ammann und berichtete, dass die Ampel, die den Springern jeweils grünes Licht gebe, gewackelt habe. Mit eindeutiger Geste forderte er die Organisatoren im Auslauf auf, das zwiespältige Schauspiel zu unterbrechen, und sagte hinterher: «Das war ein Witz.»
«Das ist Quatsch»
Nach dem ersten Durchgang taten die Organisatoren wie verlangt und brachen das dritte Springen ab, die Sicherheit der Athleten war stark gefährdet. Es habe Windböen und Windhosen, berichtete der österreichische Nachwuchstrainer Florian Liegl von der Schanze – und verweigerte seinem Schützling Stefan Huber trotz bemerkenswert grüner Ampel den Start. Von «chaotischen Dimensionen» schrieb die «Süddeutsche Zeitung».
Nun findet die Sportart Skispringen seit je im Freien statt, schon immer war sie stark den Launen des Windes ausgesetzt. Das macht sie unberechenbar – meist aber nicht im Guten. Um auf wechselnde Bedingungen zu reagieren, führte der internationale Skiverband (FIS) vor sechs Jahren den Windfaktor ein. Mit diesem erhalten Springer Bonus- oder Maluspunkte, je nach Verhältnissen.
Eigentlich ein Mittel für bessere Gerechtigkeit im Starterfeld, führt dieses Punktesystem hingegen zu Verwirrung bei den Zuschauern. So addieren sich heute nicht nur die Weite und die traditionellen Haltungsnoten zum Punktetotal, sondern auch Wind- und Gatefaktor. «Das ist Quatsch», hatte Peter Schröcksnadel, Präsident des österreichischen Skiverbandes, dazu einmal gesagt.
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