Einbürgerungen erschwert
In Meilen ist es seit kurzem schwieriger, Schweizer zu werden. Aber nicht nur dort, sondern überall, wo die neuen Richtlinien des Bildungszentrums Zürichsee angewandt werden.
Von Lorenzo Petrò Im Bezirk Meilen wäre die Ausschaffungsinitiative abgelehnt worden: Nur 49,5 Prozent der Stimmberechtigten konnten sich zur Jahreswende für die umstrittene SVP-Vorlage erwärmen. Die traditionell bürgerlichen, aber überdurchschnittlich gut gebildeten Wähler am rechten Zürichseeufer gaben dem Gegenvorschlag den Vortritt: 51,4 Prozent befürworteten die Alternative. Besonders ausgeprägt war solches Wahlverhalten im Bezirkshauptort: Dort waren nur 48,9 Prozent für die Initiative, 51,9 Prozent befürworteten den Gegenvorschlag. Da erstaunt es doch, dass die Bürgerrechtsbehörde der moderaten Meilemer wenige Tage nach der Abstimmung die Verschärfung und Verteuerung des Einbürgerungsverfahrens verkündete (der TA berichtete): Seit dem 1. Januar verlangt die Gemeinde bessere Kenntnisse in Deutsch als bisher. Das neue Prüfungsverfahren in den Fächern Deutsch und Gesellschaft erhöht zudem die Einbürgerungsgebühr um 50 Franken. Schule setzt Messlatte herauf Bereits im Sommer 2008 war die Meilemer Bürgerrechtsbehörde mit einer Verschärfung der Einbürgerungsbestimmungen aufgefallen. Sie wollte die Wohnsitzpflicht auf vier Jahre erhöhen, musste aber schliesslich darauf verzichten. Die Zeit, während der ein Einbürgerungswilliger in der betreffenden Gemeinde gewohnt haben muss, wurde nämlich wenige Monate später im gesamten Kanton auf zwei Jahre festgelegt. Schlägt Meilens Bürgerrechtsbehörde einen harten Kurs in der Ausländerfrage an? Didier Mayenzet, der Meilemer Gemeindeschreiber, verneint: Die Behörde, die seit 2005 Bürgerrechtsgesuche überprüft, sei von der Bevölkerung gewählt, darin fänden sich Vertreter praktisch aller politischer Richtungen. Tatsächlich seien aber die Anforderungen auf Anfang Jahr leicht erhöht worden. Jedoch nicht, weil sich die Behörde das so gewünscht hatte. Vielmehr sei die Veränderung auf die überarbeiteten Prüfungsunterlagen des Bildungszentrums Zürichsee (BZZ) zurückzuführen. Die kantonale Berufsfachschule führt seit 2006 Standortbestimmungen in den Fächern Deutsch und Gesellschaft durch und die Gemeinden sind vom Gemeindeamt befugt, die BZZ-Tests als Entscheidungsgrundlage zu verwenden. Mayenzet begrüsst die Zusammenarbeit mit dem BZZ. Auf seine Initiative hin hatten bereits die Behörden an seinem früheren Arbeitsort Oetwil an der Limmat ihre Einbürgerungswilligen beim BZZ prüfen lassen. «Sie sind so viel weniger der Willkür von Kommissionen ausgesetzt», sagt der Gemeindeschreiber.Wenn jemand die Tests bestehe, sehe es beim Gespräch mit der Bürgerrechtsbehörde oder dem Gemeinderat schon einmal sehr gut aus.Auch den Behörden wird die Entscheidung erleichtert: So hat Mayenzet schon erlebt, dass beim Vorsprechen einer einbürgerungswilligen Familie einzig der Vater antwortete. Die Sprachkenntnisse der übrigen Familienmitglieder blieb der Kommission verborgen. Das Modell der standardisierten Sprachprüfung, auf Initiative des damaligen Gemeindepräsidenten Hans Isler für Meilen entwickelt, hat Schule gemacht: Inzwischen prüft das BZZ an seinen beiden Standorten in Horgen und Stäfa bereits Kandidaten aus den Gemeinden Oetwil am See, Herrliberg, Horgen, Wädenswil, Rüschlikon, Kappel am Albis und Hirzel. Dazu kommen Kandidaten aus Oetwil an der Limmat und zehn weiteren Gemeinden in der Nähe. Laut Theo Henle, Prorektor des BZZ, kommt das Angebot an, auch ohne dass es aktiv beworben wird. Vier Gemeinden schon dabei Henle hat die Überarbeitung des Sprachkompetenznachweises mit erhöhten Anforderungen veranlasst. Das BZZ ist damit indirekt verantwortlich für die seit diesem Jahr erschwerte Einbürgerung in Meilen. Auch in drei weiteren angeschlossenen Gemeinden finden seit diesem Jahr die neuen, härteren Kriterien Anwendung. Der Prorektor hat sich bei deren Überarbeitung an den Erfahrungen des BZZ und den Zielsetzungen des Kantons orientiert. Dieser erarbeitet zurzeit ein einheitliches Verfahren zum Nachweis ausreichender Deutschkenntnis für Einbürgerungswillige. Das BZZ, das einige Erfahrung mit den Tests vorweisen kann, arbeitet in der Praxisgruppe mit. «Ein Sprachkompetenznachweis wird mittelfristig überall im Kanton Anwendung finden», sagt Henle. Bei der Standortbestimmung werden in einem mündlichen Test von 25 Minuten und einem schriftlichen von einer Stunde Hören, Lesen, Sprechen und Schreiben geprüft. Die Prüfungsfragen hätten sich nur wenig verändert, sagt der Prorektor. Es werde mehr auf das Zusammenspiel von Mundart und Schriftsprache geachtet, sowie Gesprächssituationen in der Arbeitswelt oder in Zusammenhang mit Behörden geprüft. Ganz neu hingegen ist: In allen Gemeinden müssen die schriftliche und die mündliche Prüfung mit der Note «genügend» bestanden werden. Früher hatte es ausgereicht, wenn die Durchschnittsnote beider Tests «genügend» war. Das sei vertretbar, sagt Henle: «Wir befinden uns immer noch auf angemessenem Niveau». Der geforderte Schwierigkeitsgrad A2/B1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens sei weit etwa unter dem eines First Certificate im Englischen anzusiedeln. Seit dem 1. Januar verlangen vier Gemeinden bessere Kenntnisse inDeutsch als bisher.
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