«Eine der grössten Schenkungen, die je gemacht wurden»
Unternehmer Hansjörg Wyss spendet 1 Milliarde Dollar. Der profilierteste Schweizer Kenner erklärt, wie aussergewöhnlich das ist.

Unternehmer Hansjörg Wyss will mit seiner Stiftung 1 Milliarde US-Dollar für den Umweltschutz spenden. Das gab der gebürtige Berner, der heute in den USA lebt, in einem Gastbeitrag für die «New York Times» bekannt. Wie ist dieser unglaubliche Betrag einzuschätzen? Das haben wir Georg von Schnurbein gefragt, Professor für Stiftungsmanagement an der Universität Basel und der profilierteste Kenner der Philanthropie in der Schweiz.
Hat es in der Schweiz schon einmal so eine grosse Spende gegeben?
Dass jemand so viel spendet, kommt selten vor und ist ein sehr aussergewöhnliches Ereignis. In der Schweiz handelt es sich sicherlich um eine der grössten Schenkungen, die je gemacht wurden. Mir sind nur ganz wenig ähnliche Beispiele bekannt, etwa Stephan Schmidheiny, der 2003 seine Firmen in Lateinamerika im Wert von 1 Milliarde Dollar an die Stiftung Viva verschenkt hat.
Steigt Wyss damit in die Top-Liga der grössten Philanthropen der Welt auf?
Es kommt darauf an, wie man es sieht. Weltweit sind solch hohe Beträge häufiger. An der generellen Wahrnehmung von Wyss wird sich deshalb nicht viel ändern – auch weil er sich bisher schon stark engagiert hat. Setzt man die angekündigte Milliarden-Spende allerdings ins Verhältnis zu seinem Vermögen (laut Forbes aktuell 5,8 Milliarden US-Dollar, Anm. d. Red.), dann gehört Wyss ganz sicher zur Top-Liga der grosszügigsten Philanthropen der Welt.

Kann man Wyss mit amerikanischen Gönnern wie Bill Gates vergleichen?
Ja, weil bei Wyss mit dieser Spende auch ein politisches Statement verbunden ist. Ich glaube, dass es ihm nicht nur darum geht, das Geld zu verschenken, sondern ihm dieses Thema des Umweltschutzes wirklich am Herzen liegt. Mit seiner Aktion möchte er darauf aufmerksam machen und letztlich auch andere dazu bewegen, mehr dafür zu tun. Er hätte die Milliarde auch nur einsetzen können. Aber die Art und Weise, wie er es gemacht hat, mit einer Ankündigung und Legitimierung, hat für mich schon einen besonderen Stellenwert und erinnert an das Vorgehen einflussreicher amerikanischer Philanthropen.
Viele bekannte Wohltäter kommen aus den USA. Sind Schweizer Milliardäre allgemein weniger spendierfreudig?
Natürlich ist die Bündelung von privaten Unternehmen in den USA sehr viel grösser, weswegen es auch mehr Spenden gibt. Der Grad der Philanthropie bemisst sich aber nicht nur an der Summe. Sie ist eine grundsätzliche Einstellung, und jeder Mensch kann eigentlich ein Philanthrop sein. Die Schweizer sind keineswegs weniger spendierfreudig. Wir hatten und haben auch hier sehr grosszügige Geldgeber wie Klaus Johann Jacobs oder Ernesto Bertarelli. Sie kommunizieren einfach weniger offensiv als ihre amerikanischen Pendants.
«In der Schweiz ist es nicht unbedingt erwünscht, dass man über Spenden spricht.»
Wieso sind die Schweizer zurückhaltender?
In den USA gehört Philanthropie zur öffentlichen Sphäre. Es wird erwartet, dass vermögende Personen wohltätig sind und auch darüber reden. In der Schweiz hingegen gehört das zur Privatspäre. Wohltätigkeit ist eine private Entscheidung, und in den entsprechenden Kreisen ist es gesellschaftlich nicht unbedingt erwünscht, dass man darüber spricht. Im Gegensatz zu den USA ist auch keine Verpflichtung da, zu publizieren, wie viel man spendet. Bis vor wenigen Jahren war es durchaus noch üblich, anonym zu spenden. Heutzutage wird das eher kritisch gesehen.
Warum? Hat ein Umdenken stattgefunden?
Heute wird auch in der Schweiz mehr Transparenz gefordert. In der jüngeren Generation gibt es deshalb sicher mehr Unternehmer oder Investoren, die offener mit ihrem wohltätigen Engagement umgehen. Das ist aber auch dem globalen Austausch geschuldet. Wenn man auf internationalem Parkett daran gemessen wird, wie viel man spendet, dann kommuniziert man das auch offensiver. Hier hat eine globale Entwicklung stattgefunden, die dazu führt, dass auch in der Schweiz mehr über Wohltätigkeit gesprochen wird.
Ist der Umweltschutz, den Wyss mit seiner Spende finanziert, ein typischer Bereich für Philanthropie?
Natürlich ist es immer eine persönliche Präferenz, wofür Milliardäre spenden. Aber wir stellen schon fest, zum Beispiel bei den neu gegründeten Stiftungen, dass Umweltschutz und Klimawandel deutlich an Aufmerksamkeit gewinnen. Das hat natürlich auch mit dem gestiegenen öffentlichen Interesse am Thema zu tun. Der andere Bereich, in dem sich viele Philanthropen engagieren, ist die internationale Zusammenarbeit oder die Entwicklungshilfe. Das leuchtende Beispiel ist Bill Gates. Es gibt aber auch regionale Unterschiede: In den USA fliesst viel Geld in die Bildung, in Europa eher in die Forschung. In Kultur hingegen wird weniger investiert. Hansjörg Wyss etwa engagiert sich auch kulturell, aber mit wesentlich kleineren Beträgen als für die Umwelt.
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