Eine runde Sache
Die Sellaronda für Mountainbiker ist eine einmalige Tour in den Dolomiten, die kaum einer kennt. Nur Hartgesottene wagen es, ohne Bergbahnticket an den Start zu gehen.

Aus der Steinernen Stadt in Südtirol grüssen mollige Murmeltiere. Gelangweilt lassen sie sich in dem Labyrinth aus Felsblöcken unter der imposanten Südostwand des Langkofels die Sonne auf den Pelz scheinen. Aber sie haben unsere Geschwindigkeit unterschätzt und brechen in Panik aus, als wir ihnen zu nahe kommen.
Die quicklebendigen Tiere sind nicht an flinke Velofahrer gewöhnt. Obwohl wir in einer der beliebtesten Ferienregionen im Herzen der Dolomiten unterwegs sind und eine Tour absolvieren, die den klangvollen Namen Sellaronda trägt, sind wir allein auf weiter Flur. Andere Mountainbiker? Fehlanzeige.
Richtig schwierige Singletrails gibt es kaum
Dabei hält der Name Sellaronda, was er verspricht. Je nach Jahreszeit ist sie eine Skirundtour oder ein Rundweg über vier Pässe um das Sellamassiv in Südtirol und der Provinz Trient. Inbegriffen sind lange Downhills und entzückende Flowtrails. Sämtliche Bergbahnen nehmen die Velos huckepack, und so bleiben am Ende des Tages nur ein paar Mini-Anstiege.
Wer es dagegen wissen will, pickt sich knackige Anstiege raus. Nur Hardcore-Biker wagen es, ohne Bergbahnticket an den Start zu gehen, schliesslich sind im Extremfall 58 Kilometer und 4000 Höhenmeter zu bewältigen.
Bergauf-Modus und Abfahrten lösen sich im mehrgleisigen Konzept ab. Wer einen Trail zu heikel findet, kann eine Umfahrung benutzen. Die Wahl zwischen roten und blauen Abfahrten ist gegeben. Das Prinzip erinnert bewusst an die Standards beim Skifahren. Im schlechtesten Fall weicht der Velofahrer auf die Autostrasse oder einen Wanderweg aus. In Südtirol schränkt kein Gesetz das Biken ein. Seit letztem Jahr dürfen Gemeinden aber Strecken sperren, wenn Konflikte mit Wanderern drohen. Freilich führt die Sellaronda abschnittsweise auch durch die Provinzen Belluno und Trient, wo jeweils eigene Regeln gelten.
Guide-Pflicht schreckte viele ab
Richtig schwere Singletrails gibt es auf der Sellaronda kaum. In jüngster Zeit entstehen vermehrt Flowtrails. Beim flüssigen und fliessenden Fahren wird auf natürliche oder künstliche Hindernisse verzichtet, was Abfahrten noch genussvoller macht. Die Sellaronda zählt zweifelsfrei zu den schönsten Bike-Touren der Alpen. Da kaum Werbung für die Tour gemacht wird, sind nur vereinzelte Biker auf den Trails zwischen Grödner Joch, Sellajoch, Pordoijoch und Passo Campolongo unterwegs.
Aus versicherungstechnischen Gründen war die 2008 initiierte Sellaronda nur mit einem Guide möglich, was für viele abschreckend wirkte. Touristen können erst seit 2016 einen Tagespass kaufen. Dieser ist auf allen Bergbahnen gültig. Seitdem ist eine zaghafte Bike-Begeisterung zu spüren. Bahnbetreiber und Kommunen geben Gas, um die Mountainbiker in die Dolomiten zu locken. Leuchtendes Beispiel dafür ist der mehrere Gemeinden umfassende Tourismusverband Alta Badia, wo am Piz Sorega ein neuer Park mit Downhill-Trails entstanden ist. Das Tal östlich der Sellagruppe hat zudem «Activity Parks» mit Pumptracks und Trails gebaut und E-Bike-Sharing eingeführt. Zudem haben Reiseveranstalter Alta Badia zu ihrer Basisstation gemacht.
Das Tal ist die treibende Kraft in Südtirol: Dort wurden die Maratona für Rennvelofahrer und der Dolomites Bike Day geboren. Biker im Tal kämpfen seit Jahren dafür, die Dolomitenpässe im Sommer für den motorisierten Verkehr zu sperren. «Wir müssen uns entscheiden, ob wir Motorenlärm und Abgase wollen. Ich denke, Velofahrer passen besser zu einem Naturparadies wie den Dolomiten», sagt Michil Costa. Der Vorsitzende des örtlichen Veloclubs kurbelt regelmässig mit seinem Hochvelo aus dem 19. Jahrhundert die Pässe hoch, um in den Abfahrten waghalsig mit den Füssen zu bremsen.
Mancherorts hilftnur Schieben
Auch bei uns ist jetzt voller Körpereinsatz nötig, denn der Burz-Trail zum Ende der Sellaronda ist der schwierigste Abschnitt. Man rollt über Blockgestein, dann warten bergauf enge Serpentinen. Wir haben bewusst auf die einfachere Umfahrung verzichtet, um zu erfahren, was maximal gefordert wird. Jetzt haben wir den Salat. An manchen Stellen hilft nur Schieben.
Richtig gute Biker können während der Fahrt die Traumkulisse geniessen. Wir müssen eine Pause einlegen, um die Marmolata samt Gletscher im Süden zu bestaunen. Im Norden thront der Sella-Gebirgsstock mit seinen steilen Flanken und dem kecken Spitz, der aus dem riesigen Plateau wächst. Mit 3152 Metern gehört der Piz Boè zu den mächtigsten Gipfeln der Südtiroler Bergwelt.
Richtungswechselsind schnell verpasst
Auf jedem Abschnitt der Sellaronda begegnet der Biker einem bekannten Berg. Man darf sich nur nicht zu sehr ablenken lassen von Langkofel und Lagazuoi, da eine Abzweigung oder ein Richtungswechsel schnell verpasst sind.
Ohne Karte ist die Sellaronda aber nicht zu bewältigen. Das gilt vor allem für jene, die daran denken, die Tour gegen den Uhrzeigersinn zu absolvieren. Nur selten taucht ein Wegweiser auf. Wer falsch abgezweigt ist, muss einfach auf ortskundigere Biker hoffen. Das aber kann dauern. Noch immer ist der Biker auf der Sellaronda oft für sich ganz allein.
Die Reise wurde unterstützt vom Tourismusbüro Alta Badia Brand, www.altabadia.org
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