Eine virtuelle Geisterstadt
Seit sechs Monaten ist Google+ für jedermann zugänglich. Nur wird die Facebook-Konkurrenz schlecht besucht, wie aktuelle Zahlen zeigen.

Im Januar verkündete Google-Gründer Larry Page stolz die Zahlen seines Social Network Google+. Man habe die Marke von 90 Millionen Nutzern weltweit gebrochen und sehe sich als ernsthafter Konkurrent zum Marktführer Facebook.
Doch im Vergleich zu Facebook sind die 90 Millionen User ein Klacks. Auf Mark Zuckerbergs Freundesbörse tummeln sich heute bereits mehr als 845 Millionen Nutzer weltweit. Tendenz stark steigend.
Drei Minuten im Netzwerk
Auch gemäss den aktuellen Zahlen des US-Marktforschers Comscore, führend im Erheben von digitalen Trends, kommt Google+ sechs Monate nach Lancierung nicht richtig vom Fleck. Laut Comscore verweilte ein User, streng genommen ein PC, zwischen September bis Januar ungefähr drei Minuten im Monat auf Googles Netzwerk.
Die Zahlen beim Konkurrenten sind um ein Vielfaches höher und eindrücklicher: Sechs bis sieben Stunden verbrachte ein durchschnittlicher User auf Facebook im gleichen Zeitraum. Zu erwähnen ist, dass Comscore die Zugriffe von Smartphones nicht miteinrechnete.
Facebooks Dominanz ist in einer Hitwise-Studie eindrücklich dokumentiert. Das Branchenmagazin Adweek publizierte die Zahlen des Marktforschers anfangs Februar: Rund 90 Prozent aller Besuche in Social Media entfallen auf Facebook. Google+ steht weit abgeschlagen mit 0,61 Prozent hinter Anbietern wie Linkedin oder Twitter, das immerhin 2,17 Prozent aller Besuche verzeichnet.
Gegenüber dem «Wall Street Journal» wird die für Google-Verhältnisse schlechte Entwicklung dementiert. Eine Sprecherin bezeichnet die Zahlen von Comscore als «erheblich niedriger» als die internen Zahlen. Das Management spielt den direkten Vergleich mit Facebook gar runter. Man habe eine langfristige Strategie und entwickle erst noch die «Waffen». Gemeint ist unter anderem ein Bereich für Applikationen, den Facebook schon länger erfolgreich anbietet. Zudem will man Google+ offenbar mit Diensten wie Gmail oder Youtube verstärkt vernetzen. Angedacht ist eine stärkere Anbindung an die Suchmaschine.
«Keiner will im Moment ein anderes soziales Netzwerk»
Zahlenmässig kann Google Facebook das Wasser noch nicht reichen, auch wenn das Gründer Larry Page anders sieht. Selbst die gross angekündigte Neuheit Hangouts, ein Videodienst, der es ermöglicht, mit bis zu den zehn Teilnehmern eine Videokonferenz zu führen, konnte die Dominanz von Facebook nicht gefährden.
«Keiner will im Moment ein anderes soziales Netzwerk», sagt Brain Solis gegenüber dem «Wall Street Journal». Für den Analysten der Social Media Beratungsfirma Altimeter Group ist klar, dass Google noch weiterhin nicht vom Fleck kommen wird, weil es dem Suchmaschinengiganten bisher nicht gelungen sei, den Mehrwert von Google+ glaubhaft zu kommunizieren.
Intel zeigt sich enttäuscht, Lady Gaga unter den Erwartungen
Will Google den Anschluss nicht vollends verlieren, muss sich das Unternehmen ins Zeug legen. Erste Unternehmen äussern sich bereits kritisch über Googles Social-Media-Projekt. Der Chiphersteller Intel unterhält eine Community von 360'000 Mitgliedern auf Google+ und informiert sie über Neuigkeiten. Gegenüber dem «Wall Street Journal» erklärt der verantwortliche Social Media Manager, dass die Präsenz auf Google+ nicht «so grossartig sei, wie sie sein müsste». Während ein Beitrag auf Google+ in der Regel ein paar Dutzend Kommentare zur Folge hätte, sei das Feedback bei der Konkurrenz ungleich viel höher: Neun Millionen Fans generieren Tausende von Rückmeldungen.
Dass Google+ eine Geisterstadt ist, wie es das «Wall Street Journal» treffend schreibt, ist auch am Google+-Profil von Lady Gaga zu beobachten. Seit Mitte Januar ist die populäre Sängerin mit einer Präsenz aktiv, hat aber eine bescheidene Fangemeinde von 730'000 Usern. Das ist für ein Social-Media-Schwergewicht wie Lady Gaga zu wenig, wenn man beachtet, dass die Musikerin auf Twitter mit 18 Millionen Followern die Nummer eins ist und ihr auf Facebook mehr als 47 Millionen Fans folgen.
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