Einer der grössten Online-Poker-Anbieter angeklagt
Full Tilt Poker soll als Schneeballsystem betrieben worden sein. Es geht um Hunderte Millionen Dollar – mit angeblichen Spuren in die Schweiz.

Sie spielten das ganz grosse Game, die Leute von Full Tilt Poker. Die Anbieter von Online-Poker gehörten einst zu den führenden Playern im Geschäft. Zu Spitzenzeiten pokerten über eine Million Menschen weltweit über Full Tilt Poker. Einmal beteiligten sich an einem einzigen Turnier 54'000 Mitglieder. Gestern nun der Schlag der US-Justiz: Hinter Full Tilt Poker soll ein Schneeballsystem stecken, so die Anklage. Das «Wall Street Journal» und andere Medien berichteten darüber.
Gestartet war das Unternehmen 2004. Jungunternehmer und Programmierer stellten das Projekt auf die Beine. Mit an Bord Chris Ferguson, wegen seiner Haarpracht auch «Jesus» genannt. Der frühere Programmierer war inzwischen einer der Stars der Poker-Szene. Der Aufstieg von Full Tilt Poker hatte auch viel mit dem Namen Ferguson zu tun. Neu-Mitglieder wurden damit angeworben, dass sie sich mit den Profis messen sollten. «Learn, chat and play with the pros» lautete das Motto. Nachhilfeunterricht vom Poker-Jesus quasi.
440 Millionen an sich selber ausbezahlt
Nun scheint sich der Traum vieler Poker-Spieler vom schnellen Geld im virtuellen Poker-Raum in Luft aufzulösen, weil sie ihr bei Full Tilt Poker einbezahltes Spielgeld womöglich nie mehr sehen werden. Laut der Anklage der US-Justiz sollen rund 300 Millionen Dollar an Spieler-Guthaben offen sein. Demgegenüber lägen gerade mal noch einige Dutzend Millionen Dollar auf Konten der Firma.
Der Vorwurf an die Inhaber und Gründer von Full Tilt Poker: Im Zeitraum von April 2007 bis April 2011 sollen sie mehr als 440 Millionen Dollar an sich selber ausbezahlt haben. Ein grosser Teil davon soll auch bei Poker-Jesus Chris Ferguson gelandet sein. Laut einem Bericht der Poker-Website Poker.de flossen die Gelder unter anderem auf Schweizer Konten.
Der Black Friday
Das ursprüngliche Geschäftsmodell sah vor, dass man von Kommissionen der Spieler und anderen Einnahmen lebt, darunter Werbung. Laut Medienberichten konnte der illegale Geldabfluss aber darum so lange versteckt werden, weil die Mitglieder ihr einbezahltes und gewonnenes Geld auf den Konten von Full Tilt Poker liegen liessen. Das aber änderte sich mit den negativen Meldungen über die Firma. Das «Wall Street Journal» berichtet von einem Londoner Mitglied, das Ende Juni 2400 Dollar ausbezahlt haben wollte. Er hatte mit dem Ansinnen keinen Erfolg.
Angefangen hatten die Probleme von Full Tilt Poker schon mit dem sogenannten Black Friday. Es war der 15. April dieses Jahres, als die amerikanische Bewilligungsbehörde den grossen Playern der Online-Poker-Branche den Betrieb ihrer Plattformen für mehrere Tage entzog. Dies, weil die US-Justiz unter anderem den Vorwurf der Geldwäsche erhob. Ausserhalb der USA ging das Spiel vorerst weiter. Mit der erweiterten Anklage dürfte es für Full Tilt Poker nun eng werden. Den Angeklagten drohen Millionenklagen.
Die Firma gibt nicht auf
In der Poker-Szene ist der Ärger über die jüngsten Ereignisse gross: «Richtig so, die sollen richtig bluten, diese Möchtegern-Pros», schreibt einer im Forum auf Hochgepokert.com. Andere sind ganz einfach enttäuscht: «Ferguson machte immer einen sympathischen und intelligenten Eindruck. Das ist nur durch einen unglaublichen Rausch durch Geld und Macht zu erklären», schreibt ein anderer.
Full Tilt Poker selber war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auf der Websiteheisst es: «Es tut uns leid, aber das System ist im Augenblick heruntergefahren. Bitte besuche diese Seite später noch einmal.» Hingewiesen wird auf die «Aktuelle Pressemitteilung». Die datiert auf den 30. August. Darin heisst es: «Aufgrund der Ereignisse seit dem 15. April wurde offensichtlich, dass Full Tilt Poker nicht auf die umfassenden Auswirkungen der Massnahmen vorbereitet war, welche die US-Regierung am Black Friday durchführte.» Und weiter schreibt das Unternehmen: «Unsere Spieler sollen wissen, dass Full Tilt Poker sehr bemüht ist, sie komplett auszuzahlen und das Vertrauen in unser Unternehmen wiederherzustellen.»
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