Einigung auf Uneinigkeit
Bei ihrem Treffen in Washington demonstrierten Obama und Netanyahu zwar Einigkeit, einen gemeinsamen Nenner in der Iran-Frage fanden sie aber nicht: Die Geduld Israels scheint am Ende.
Beim Thema Iran bleiben Washington und Jerusalem gespalten: Während US-Präsident Barack Obama weiter auf diplomatische Mittel setzen will, schliesst der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu eigenmächtige Angriffe auf die Atomanlagen Teherans ausdrücklich nicht aus. «Ich spiele nicht mit der Sicherheit des Staates Israel», sagte Netanyahu am Montag bei einem Besuch in der US-Hauptstadt. Sein Land habe ein Recht auf Selbstverteidigung.
Vor einem gemeinsamen Treffen im Weissen Haus hatte Obama erklärt, die USA würden im Atomstreit mit Teheran alle Optionen in Betracht ziehen. Eine iranische Bombe werde Washington nicht akzeptieren. Zunächst gelte es aber, auf diplomatischem Wege und mit Sanktionen weiter Druck auszuüben.
Verweis auf jüdische Geschichte
In einer Rede vor Tausenden Anhängern der Lobbygruppe American Israel Public Affairs Committee sagte Netanyahu hingegen, Israel habe «geduldig gewartet», dass Diplomatie und Sanktionen Wirkung zeigten. «Keiner von uns kann es sich leisten, länger zu warten. Als Ministerpräsident von Israel werde ich mein Volk niemals bedroht von Vernichtung leben lassen.»
Der Regierungschef trat zugleich seinen Kritikern entgegen, die für den Fall eines israelischen Angriffs auf die Atomanlagen im Iran vor schweren Vergeltungsschlägen warnten. Er zeigte dem Publikum die Kopie eines Schreibens des US-Kriegsministeriums aus dem Jahr 1944, in dem die jüdische Forderung nach einer Bombardierung des Konzentrationslagers Auschwitz abgelehnt wird, da ein Angriff «ineffektiv» sei und die Deutschen noch weiter provozieren könnte.
«Meine Freunde, 2012 ist nicht 1944», sagte Netanyahu. «Heute haben wir unseren eigenen Staat. Und die Aufgabe des jüdischen Staates ist es, jüdisches Leben zu verteidigen und die jüdische Zukunft zu sichern.»
«Israel ist kein Ghetto»
Trotz der unterschiedlichen Positionen im Umgang mit dem iranischen Atomprogramm betonte Netanyahu in Washington die enge Verbindung beider Länder: «Israel und Amerika stehen zusammen.» Allerdings müsse Israel auch «Herr seines eigenen Schicksals» bleiben.
Aus Jerusalem kam am Dienstag allerdings auch Kritik an der deutlichen Haltung Netanyahus. Das iranische Atomprogramm sei nicht nur eine Bedrohung für den jüdischen Staat, sondern ein dringendes Problem für die gesamte Welt, sagte der Politiker Schaul Mofas. «Israel ist kein Ghetto», erklärte der Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Aussenpolitik und Verteidigung im Parlament. Das Land solle daher nicht allein handeln.
dapd/fko
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