Einigung bei den Ärztelöhnen
Gesundheit Ärzte und Krankenkassen verbreiten Zuversicht im jahrelangen Streit um den ambulanten Tarif. Sie haben sich sogar in der brisanten Lohnfrage gefunden – fürs Erste.

Jahr für Jahr verrechnen Ärzte und Spitäler ambulante Leistungen im Wert von rund 11 Milliarden Franken über einen Tarif, der überholt ist. Die Folge sind Fehlanreize hin zu unnötigen Leistungen sowie eine falsche Verteilung der Prämiengelder – die einen erhalten zu viel, die anderen zu wenig. Dies alles ist unbestritten. Trotzdem sind alle Versuche gescheitert, diesen Tarif (Tarmed) zu ersetzen.
Nun gibt es Anzeichen für Besserung: Am Dienstag gaben die Ärzteverbindung FMH, der Krankenkassenverband Curafutura sowie die Unfallversicherer bekannt, dass sie sich auf eine sogenannte Leistungsstruktur geeinigt haben, welche die Basis für einen neuen Tarif bilden soll. Anstelle der heute mehr als 4500 Positionen zu den einzelnen Leistungen gibt es in der neuen Struktur «nur» noch 2800. Zu jeder Leistung ist definiert, wie viele Taxpunkte der Arzt dafür verrechnen kann. Der Preis, den er erhält, hängt am Ende aber auch davon ab, wie hoch der Taxpunktwert ist. Diesen – in Franken und Rappen definiert – handeln Ärzte und Kassen in jedem Kanton separat aus.
Kostenfrage bleibt offen
Die Beteiligten verhehlten vor den Medien nicht, dass schwierige Diskussionen nötig waren, um sich auf diese Struktur zu einigen. Weitere werden folgen, denn das Projekt ist nicht am Ziel. Die Partner müssen noch Regeln zur richtigen Anwendung und Abrechnung aushandeln. Umstritten sind vor allem die Limitationen, die festlegen, wie lange zum Beispiel eine Konsultation dauern darf oder wie viele Sitzungen ein Psychiater pro Monat verrechnen kann.
Noch schwieriger ist die Kostenfrage. Nach Gesetz darf die Einführung eines Tarifs keinen Kostensprung bewirken. Sprich: Sollten die Hausärzte mehr erhalten, bekämen andere Mediziner weniger. Wie man dieses Problem lösen will, liessen die Partner gestern vielsagend offen. Das Ziel ist, den neuen Tarif Mitte 2019 beim Bund einzureichen.
Hoffnungsvoll stimmt, dass die Beteiligten einen speziell schwierigen Punkt schon klären konnten: Sie haben sich auf die Höhe des sogenannten ärztlichen Referenzeinkommens geeinigt. Die Verdienste der Ärzte geben nicht nur politisch viel zu reden, seitdem der Bund kürzlich eine umstrittene Studie dazu veröffentlicht hat, sondern sie sorgten auch bei der Vorbereitung des neuen Tarifs für rote Köpfe. Wie legt man fest, wie hoch ein «normales» Einkommen eines selbstständigen Vollzeitarztes sein soll? Man holte Gutachten ein, welche die Ärzte unter anderem mit anderen Freischaffenden wie Zahnärzten, Architekten, Anwälten verglichen. Am Ende erwies sich der Vergleich mit angestellten Kaderärzten der Spitäler am plausibelsten, wie Christof Haudenschild erklärt, der Geschäftsführer der ats-tms AG, welche die Partner für die Erarbeitung des Tarifs gegründet haben. Und so einigte man sich darauf, den Durchschnittslohn der Kaderärzte von brutto rund 196'000 Franken als Orientierungspunkt zu verwenden. Hinzu kommen die Sozialabgaben, die Selbstständige vollständig selber bezahlen. Dies ergebe ein Referenzeinkommen von 229'000 Franken, wobei offenbar ein relativ grosszügiger Beitrag für die zweite Säule eingerechnet ist.
Wichtige Player fehlen
Haudenschild betont jedoch, man dürfe aus dieser Zahl keine falschen Schlüsse ziehen. Sie diene als Rechnungsgrösse. Wie hoch die effektiven Einkommen der Ärzte sein werden, hängt stark von der künftigen Höhe der Taxpunktwerte ab. Allerdings ist es nicht so, dass das Referenzeinkommen gar nichts aussagt. Stark vereinfacht: Sind die Taxpunktwerte so hoch wie erwartet, sollte ein Arzt mit einer eigenen Praxis, der Vollzeit arbeitet, voll ausgelastet ist und jede Minute verrechnen kann, im Durchschnitt tatsächlich ein Einkommen im Bereich von 196'000 Franken plus Sozialabgaben erzielen. Dieser Grösse haben FMH und Curafutura zugestimmt. Die Versicherer haben sich indes vorbehalten, die Frage des Referenzeinkommens bei der Gesamtwürdigung des Tarifs am Ende allenfalls wieder zur Debatte zu stellen.
Erschwerend kommt hinzu, dass wichtige Player nicht an Bord sind. Der grössere Krankenkassenverband Santésuisse war nie an den Verhandlungen beteiligt, und der Spitalverband H+ stieg im vergangenen September aus, obwohl seine Vertreter der neuen Leistungsstruktur zugestimmt hatten. Der Verband nennt strategische Gründe: Er hält es für aussichtslos, ohne Santésuisse einen neuen Tarif einzureichen. Die Spitäler wollen einen neuen Anlauf nehmen. Die bereits bestehende Tariforganisation SwissDRG soll neu auch für den ambulanten Bereich tätig sein. Dort, so hoffen die Spitäler, wären alle Partner dabei, neu auch die Kantone. Ob das gelingt, ist ungewiss, einen Zeitplan gibt es nicht.
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