Einsturz von Winterthur: Als die A1 in die Töss krachte
Beim Bau der A1 kollabierte 1966 eine über 160 Meter lange Betonbrücke über die Töss. Es gibt aber wesentliche Unterschiede zu Genua.
Eine Autobahnbrücke, die auf Stadtgebiet einstürzt: Das gab es auch im Kanton Zürich schon mal – und nur durch ein Wunder kam damals niemand ums Leben. Am frühen Morgen des 27. Oktobers 1966 bebte im Winterthurer Stadtteil Wülflingen die Erde, als die im Bau befindliche Brücke über die Töss kollabierte. Wie bei einer Explosion habe es geknallt, sagte später ein Augenzeuge. Die Stahlträger des Baugerüsts hatten unter der Last von 7000 Tonnen Beton nachgegeben.
Zum Zeitpunkt des Unglücks befanden sich 42 Arbeiter auf der Baustelle. Sie waren gerade damit beschäftigt, die Brücke zu betonieren. Mehrere waren danach in den Trümmern eingeschlossen, ihre Bergung dauerte eineinhalb Stunden. 17 verletzte Arbeiter mussten im Spital behandelt werden, Schlimmeres als einen Beinbruch hatte sich aber keiner zugezogen. Die bizarre Trümmerlandschaft zog schon bald viele Schaulustige nach Wülflingen. Die Töss, die damals viel Wasser führte, staute sich hinter den gewaltigen Betontrümmern bedrohlich an.
Ein Brückeneinsturz oder nicht?
Trotz des glimpflichen Ausgangs: Der Umstand, dass so etwas in der Schweiz passierten konnte, erschütterte damals das Land. Der fürs Gerüst verantwortliche Konstrukteur wurde fünf Jahre später, nach langer Untersuchung, als Schuldiger ausgemacht und zu einer Geldbusse verurteilt. Der Bau der A1 verzögerte sich durch das Unglück um ein Jahr. Der finanzielle Schaden betrug über 3 Millionen Franken, was heute rund 10 Millionen entsprechen würde.
Unmittelbar nach dem Einsturz entfachte sich in der NZZ ein Expertenstreit darüber, ob bei Winterthur wirklich eine Brücke kollabiert war oder nur ein sogenanntes Lehrgerüst. Tatsächlich war das Bauwerk zur Zeit des Unglücks erst zu 80 Prozent fertig und selbst noch nicht tragfähig. Im Vergleich mit der aktuellen Katastrophe von Genua ist dies ein wesentlicher Unterschied.
Ein anderer ist konstruktiver Art: Die Fahrbahn war in Winterthur nicht an Stahlseilen aufgehängt, sondern stand auf massiven Stützen. Genau wie die Ersatzbrücke, über die bis heute jeden Tag zehntausende Autofahrer rollen – die meisten wohl, ohne sich der ausserordentlichen Ereignisse vor über fünfzig Jahren bewusst zu sein.
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