Surfer DudesEndlich Nostalgie für die Generation Y
Jack Johnson, ewiger Ehrenpräsident der Hacky-Sack-Weltliga, und der Proto-Blues-Rap-Slacker G. Love haben neue Musik. Fantastisch.

Es musste so kommen. Exakt so. Im Grunde unausweichlich: sanftes Flaschenblasen, als Melodiestimme. Und dann steigen die übrigen Musiker auch schon ein und verfallen direkt wieder in diesen grimmigen Wettstreit darüber, wer sein Instrument am sanftesten betüpfeln kann.
Jack Johnson, ewiger Ehrenpräsident der Hacky-Sack-Weltliga, ist also zurück, was so freilich nicht ganz stimmt. Er war im klassischen Sinne ja nie weg, aber man hat seine Alben zuletzt nicht mehr ganz so breit wahrgenommen wie in den Nullerjahren, in denen sein bananenbrot-flauschiger Strand-Nektar-Folk-Pop den Soundtrack einer Zeit bildete, die mit Sicherheit auch nicht besser war, aber womöglich noch nicht so ganzheitlich belastet.
Hohe Flip-Flop-Quote
Jedenfalls war die Klimakatastrophe noch nicht in den Köpfen angekommen, und drumherum tauchten eben plötzlich überall diese goldbraunen, sandpanierten Musiker auf, die in den Berufsbezeichnungen ihrer Wikipedia-Einträge durch die Bank an erster Stelle «Surfer» (Steigerung: «Profisurfer», höchstes Lebensstadium: «ehemaliger Profisurfer») stehen hatten und auch so klangen: Jack Johnson eben, Donavon Frankenreiter, Ben Harper oder Garrett Dutton. Letzterer besser bekannt als G. Love. Eine ganz bezaubernd gemütlichgekiffte Horde an Dudes, hohe Flip-Flop-Quote, meistens erträglich bedruckte T-Shirts und Texte, die recht ernsthaft auch mal Regenbögen besangen und trotzdem nicht sonderlich peinlich waren, oder: peinlich vielleicht schon, aber damit ganz enorm versöhnt.
Man kommt jetzt drauf, weil zwei von ihnen, Johnson und G. Love, nun womöglich nicht komplett zufällig am selben Tag neue Alben veröffentlicht haben, wofür man ihnen natürlich direkt und gern auf den Leim geht und das Ganze eilig zum Trend ausdeutet. Weil die beide auf ihre je eigene Art klingen, als sei die Zeit vor gut 15 Jahren stehen geblieben, kündigt sich schliesslich, Achtung, die Renaissance eines grossen Gefühls an. Nennen wir es für den Moment «The great big in between». Musik für Menschen, die auf recht angenehme Weise ein winziges bisschen an der Welt vorbeileben. Die erste echte Nostalgie-Grosschance für die Generation Y.
Jedenfalls: Flaschenblasen bei Johnson (Song: «Costume Party», weiterer Anspieltipp «One Step Ahead») und ansonsten Songs, denen womöglich ein wenig das Hitpotenzial fehlt, das den Hawaiianer einst auszeichnete, was aber nicht wichtig ist. Man wird vom Album «Meet The Moonlight» ohnehin bald zurückwandern, der Nostalgie-Sog ist da stark, zu «Brushfire Fairytales» oder «On and On». Die etwas jüngeren Nostalgiker vielleicht auch zu «In Between Dreams».
Auch G. Love ist zurück und musikalisch keinen Tag gealtert. Akustikgitarren und Blues-Mundharmonikas blenden auf dem Album «Philadelphia Mississippi» wieder wirklich fantastisch mit schwer verpatschten und trotzdem famos rumpelnden Whisky-Bar-Drums zusammen. Darüber Raps, die keinerlei technische Finesse anstreben und also einfach herrlich abgehangen herumbaumeln – nutzlos, ganz locker und wirklich enorm cool. In der Bridge vom Song «Mississippi» zerhackt ein Spielzeugklavier ein sehr fein hingeprolltes Gitarrensolo und auch sonst ist das im Gesamteindruck alles so fett und fettig wie ein Philly Cheese Steak.
Und nur, falls sich das jetzt jemand fragt: Nein. Auch diesmal macht diese Musik die Welt nicht ein winziges bisschen besser. Aber wie damals für kurze Momente sehr viel erträglicher. Das ist doch viel.
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