Sein Lachen ist ansteckend, seine gute Laune ebenfalls. Anton Kräuliger, 71, freut sich wie ein Bub, wenn er jemandem die Pferderennbahn in Dielsdorf zeigen darf, sein neustes Werk, in das er vier Jahre lang Zeit und Geld investiert hat. Kräuliger – Unternehmer, Investor, Visionär und Pferdenarr – kann den Rundgang durch die renovierte Anlage kaum erwarten. Er steuert direkt die neue Halle im Horse Park an, wo gerade die erste grosse Dressurveranstaltung stattfindet.
Bei der nächsten Station, draussen auf dem «Ebbe-Flut-Sandplatz», wo sich ein paar Pferde warm laufen, erklärt er voller Stolz, als hätte er die Anlage eigenhändig eingebaut, wie das ausgeklügelte System funktioniert, das den Sand immer feucht hält. Auf dem Weg zu den neuen Stallungen schüttelt er Hände, winkt jedem zu, den er von weitem sieht. Keine Frage: Anton Kräuliger ist der Chef in Dielsdorf. Auf ihm ruhen die Hoffnungen für den Ort.
Die Affäre Gloor
Auch der Gemeinderat ist stolz auf die moderne Pferdeanlage «mit überregionaler Ausstrahlung». Der Rennverein Zürich-Dielsdorf sei über die Landesgrenzen hinaus ein Begriff und werde im positiven Sinne mit Dielsdorf in Verbindung gebracht. «Es ist Anton Kräuliger zu verdanken, dass der Horse Park weiterhin betrieben werden kann und heute besser aufgestellt ist als je zuvor», heisst es aus dem Gemeindehaus.
Der Name Dielsdorf soll wieder für Pferderennsport stehen. Vor fünf Jahren schien die Bahn am Ende. «Da war nur noch ein Gelotter», erzählt Kräuliger. Schuld war die Affäre Gloor, die sich wie ein Krimi liest: Der ehemalige Amateur-Rennreiter und Financier Martin Gloor, damals Präsident des Rennvereins, versprach viel vor seiner Wahl – und konnte danach wenig halten. «Ein Casting-Fehler», wie der Präsident des Schweizerischen Pferderennsport-Verbandes einräumte, nachdem der Schaden angerichtet war und die Anlage vor dem Kollaps stand. Dann kam die Zeit von Anton Kräuliger.
An der 142. Generalversammlung des Rennvereins Zürich vor zwei Jahren wurde er zum neuen Präsidenten gewählt. In seiner Antrittsrede witzelte der Unternehmer: «Ein Basler, der in Bern wohnt, soll nun das Schiff in Zürich übernehmen – das geht gar nicht, da bin ich mit euch einverstanden.» Er gab den Anwesenden aber auch zu verstehen, dass sie kaum eine andere Wahl hätten.
«Roi des robinets suisses»
Kräuliger trat als 24-jähriger Ingenieur ETH in die Firma seines Vaters ein, die Metallgiesserei & Armaturenfabrik Lyss, deren Verwaltungsratspräsident er bis heute ist. Lediglich vier Jahre nach Eintritt zeigte er, wie viel Unternehmerblut durch seine Adern fliesst. Er kaufte dem Vater die Aktien ab, übernahm Konkurrenzfirmen, bis er mit seiner Unternehmergruppe, der Similor-Gruppe, 45 Prozent des heimischen Armaturenmarktes abdeckte. 2003 nahmen Kräuliger und seine Firmengruppe den prestigeträchtigen «Prix de l'Industrie de Genève» entgegen. Welsche Gazetten nannten ihn «Roi des robinets suisses».
Man könnte ihn aber auch «König der Schweizer Pferde» nennen. Zwei Jahre lang amtete er als Präsident des Schweizerischen Pferderennsportverbandes, zwei Jahre als Vize. «Ein Vorteil», sagt Kräuliger, «ein Rennverein muss in der Lage sein, vier bis fünf Renntage im Jahr durchzuführen.» Er verfügt über das nötige Netzwerk dazu. Es soll ihm helfen, den 1872 gegründeten Traditionsrennverein wieder zum «Place to be» des Pferdesports in der Deutschschweiz zu machen.
Dafür hat er dem Rennverein Dielsdorf vor vier Jahren das Baurecht auf dem 25 Hektaren grossen Gelände abgekauft, viel Fronarbeit und 8 Millionen Franken investiert, «praktisch den ganzen Horse Park neu gebaut». 150 Pferde werden dort trainiert, 50 Arbeitsplätze sind gesichert.
Ein bisschen verrückt
Kräuliger ist Dielsdorfs Hoffnungsträger. Er tritt auf wie ein Mann, dem es nicht in erster Linie ums Geld geht, ums Investment, sondern um die Leidenschaft für den Pferdesport. «Ich bin wohl ein bisschen ein Verrückter», sagt er und lacht, wie er es oft tut. «Kräuliger kann begeistern, motivieren», sagen seine Freunde. Er sei «ein Macher, engagiert, leidenschaftlich, innovativ und extrem grosszügig und menschlich». Vor allem aber: «Er hat klare Ziele und ist der geborene Unternehmer.» Seine Frau Vreni sagt über ihn: «Toni ist ein Pferdemann. Wo Pferde sind, ist er daheim.» Kräuliger sagt über seine Frau: «Ohne sie ginge es nicht.»
Aufgewachsen ist er im Basler Bruderholz ohne Pferde. In den Sattel kam er als zehnjähriger Bub durch seine Gotte, deren Mann Präsident des Rennvereins Aarau war. Später, als Student, ritt er viermal die Woche morgens um fünf Uhr zum Training aus. Und kam in seinem Deux-Chevaux trotzdem pünktlich zu jeder Vorlesung. Ein paar Jahre bestritt Kräuliger auch selber Rennen als Jockey – dreimal wurde er als Sieger abgewinkt. Wäre es nach seinem Vater gegangen, hätte er Priester werden sollen. «Einer musste ja die Sünden der Vorfahren abarbeiten», sagt Kräuliger. Und so meinte ein Festredner anlässlich seines 70. Geburtstages: «Wenn man bedenkt, dass Toni überall dort, wo er sich engagierte, Präsident wurde, wäre er wohl über kurz oder lang auch Papst geworden.»
«Ein Jahrhundertpferd»
Jetzt steht er vor seinem Lieblingspferd, dem 13-jährigen Hengst Pont des Arts. Dieser habe «nur» 100'000 Franken gekostet, sagt Kräuliger, der schon hundert Pferde gekauft hat. Zurzeit besitzt er 31. «Schauen Sie sich dieses Rennpferd an», schwärmt er. 21 Siege in 45 Rennen. «Ein Jahrhundertpferd!» Kräuliger blüht jetzt auf. Wenn er durch den Horse Park schreitet, scheint sein Glück perfekt. «Eine schöne Anlage, gell!»
Es ist ein Moment in Frühlingsgrün, in dem er zu ahnen scheint, wie intensiv der Sommer wird auf seiner Rennbahn. Die Saison steht vor der Tür, die Pferde befinden sich im Aufbautraining. Am 7. Mai ist es so weit, das erste Rennen steht an. Dank Anton Kräuliger – für manche wegen seines Engagements eine Art Philanthrop. Er selber winkt ab. Dafür sei er zu sehr Geschäftsmann: «Ich bin überzeugt, dass man die Rennbahn selbsttragend gestalten kann.»
In einem Jahr wird im Rennverein Zürich-Dielsdorf wieder ein Präsident auserkoren, da will Kräuliger nochmals antreten. Ein letztes Mal. Keinen würde es wundern, ihn schon gar nicht, würde er nochmals für drei Jahre gewählt. «Aber mit 75 ist dann endgültig Schluss, dann, wenns im Vatikan erst anfängt», sagt er und lacht. Sein ansteckendes Lachen.
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Er bringt die Rennbahn auf Trab
Unternehmer Anton Kräuliger hat die marode Pferderennbahn in Dielsdorf rundum erneuert. Für die Gemeinde ist er ein Gewinn – als Philanthropen sieht er sich dennoch nicht.