Er könnte Apple auf die nächste Stufe bringen
Der Tech-Gigant stagniert, nun wird schon über Tim Cooks Nachfolge spekuliert. Da steht einer im Zentrum – von dem es Andeutungen für Neues gibt.

Als Jeff Williams 1998 ein Angebot für eine Führungsposition bei Apple erhielt, war das Unternehmen knapp vor dem Bankrott. Am Telefon war Tim Cook. Er hatte wie Williams bei IBM gearbeitet und half nun Steve Jobs, das Unternehmen vor dem drohenden Bankrott zu bewahren. Doch Williams hatte auch ein Angebot von Dell Computers erhalten und war versucht, es anzunehmen. Cook beharrte auf einem persönlichen Treffen am Apple-Hauptsitz mit ihm und Steve Jobs. «Ich spürte einen ansteckenden Enthusiasmus», erinnerte sich Williams später. «Ich konnte nicht anders. Ich machte liebend gerne mit.»
Gut 20 Jahre später sind Tim Cook und Jeff Williams noch immer dabei, und mehr denn je in verantwortlicher Position innerhalb des Unternehmens. Ihre Karrieren weisen verblüffende Parallelen auf – bis auf eine Ausnahme: Cook wurde nach dem Tod von Jobs Konzernchef, obwohl Williams bereits damals als möglicher Nachfolger gehandelt wurde. Dies hat seinem konstanten Aufstieg auf der Karriereleiter keineswegs geschadet. Ganz im Gegenteil: Mit dem Abgang von Chefdesigner Jony Ive vor wenigen Wochen haben auch die Spekulationen, dass er dereinst den vier Jahre älteren Cook an der Spitze ablösen könnte, wieder Auftrieb bekommen.
Absatz des iPhone schwächelt
Genährt werden solche Perspektiven mit der Tatsache, dass Apple einen kritischen Punkt in der Firmengeschichte erreicht hat. Der Absatz des Erfolgsprodukts iPhone, das Cook auf seine Rechnung verbuchen kann, stagniert, und die Umstellung auf ein Service-orientiertes Geschäftsmodell weckt die Fantasie der Anleger weniger, als es ein neues, grossartiges Produkt tun könnte. Hier könnte die lange Erfahrung des 56-jährigen Williams gerade richtig kommen. Er hat als operationeller Geschäftsführer die gesamte Zulieferkette und die Produktionsabläufe perfektioniert und übernimmt nun nach dem Abgang von Ive auch die Oberaufsicht über das Design.
«Ich habe in meiner ganzen Karriere nie mit einem besseren Manager gearbeitet als mit Jeff Williams.»
«Wer bei Apple das Design leitet, ist für das Herz des Unternehmens verantwortlich», sagt Horace Dedio, Chef der Beratungsfirma Asymco. Williams habe seine Position an der Spitze verstärkt, was ihn zwangsläufig auch als künftigen Konzernchef in die Poleposition rücke. Für Gene Munster von Loop Ventures sprechen die grösseren Kompetenzen ebenfalls dafür, dass Williams Cook ablösen könnte. Den Zeitrahmen dafür setzt er auf drei bis fünf Jahre. Zwar hat Cook selber keine Müdigkeit erkennen lassen, aber für ihn ist Williams der beste Mann in seinem Team. «Ich habe in meiner ganzen Karriere nie mit einem besseren operativen Manager gearbeitet als mit Jeff», rühmt er ihn.
Ruhende Pole der Techwelt
Für ihn spricht auch die Konstanz im Management, auf die Apple stets viel Gewicht legte. Dabei sind sie sich erstaunlich gleich. Cook und Williams haben an der renommierten Duke University studiert und bei IBM gearbeitet. Sie sind beide im Süden aufgewachsen (Cook in Alabama, Williams in North Carolina) und haben ihren bedächtigen, leichten Südstaatenakzent behalten. In der nervtötenden Geschäftigkeit der Techbranche wirken sie wie ruhende Pole. Sie tragen sogar die gleiche unauffällige Uniform von Jeans und dunklem Hemd und führen ein sorgsam abgeschottetes Privatleben. Ihren Reichtum stellen sie nicht zur Schau. Beiden kann auch zugeschrieben werden, dass Apple weitgehend von Skandalen verschont blieb.
Etwas übersehen wird, wie Williams mit einer dichten, von den Rivalen ebenso bewunderten wie beneideten Zulieferkette Apple gegen die Stürme des Handelskonflikts mit China absicherte und nun neue Produktionsstandorte in Asien baut. Daneben machte er die Apple Watch zu mehr als einem Fitnessgerät. Er fügte medizinische Applikationen hinzu und machte sie vollständig mobil.
Geht nicht gibts nicht
Kürzlich erinnerte er sich, wie er zu Beginn seiner Karriere einen typisch unmöglichen Auftrag von Jobs umsetzte. Als das erste iPhone noch mit einem Plastikbildschirm aus der Fertigung kam, weil kein bruchsicheres Glas erhältlich war, regte sich Jobs gewaltig auf. Er befahl, sofort bruchsicheres Glas für die erste Generation der iPhones zu beschaffen, so Williams. «Wir sagten ihm, dafür brauche es drei, vier Jahre. Doch er wollte Glas sehen, und zwar bereits in wenigen Monaten.» Es blieben nur wenige Monate, doch zusammen mit dem Glaskonzern Corning schaffte Williams das Unmögliche. «Wir hatten wunderschönes, kratzfestes Glas entwickelt.» Und den Standard für alle anderen Hersteller gesetzt.
Wo Williams die nächste Wegmarke setzen will, ist noch unklar. Fest steht, dass der iPhone-Verkauf stagniert und Apple ein neues Vorzeigeprodukt braucht. Einige Andeutungen hat er in der Vergangenheit zwar gemacht, aber er liess sich so wenig aufs Eis führen, wie Cook und Jobs es taten. «Wir peilen kein Gewinnwachstum um jeden Preis an, sondern wollen uns voll auf neue Produkte konzentrieren», sagt er auf die Frage, ob Apple das Reservepolster von inzwischen 245 Milliarden Dollar weiterhin vor allem für die Aktionäre verwenden wolle. Apple sei im Kern immer ein Unternehmen der mobilen Technologie, meinte er, «und das Auto ist das ultimative mobile Gerät». Präzisieren wollte er die Autopläne vorerst nicht.
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