Erdogan lässt ehemaligen Armeechef verhaften
Der ehemalige Generalstabschef des türkischen Militärs, Ilker Basbug, ist in Haft genommen worden. Er soll einen Putsch geplant haben.

Erstmals in der Geschichte der türkischen Republik ist ein ehemaliger Generalstabschef der Streitkräfte inhaftiert worden. Ilker Basbug wurde am Freitagmorgen in Untersuchungshaft genommen, wie die Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf seinen Anwalt Ilkay Sezer meldete.
Ihm werde zur Last gelegt, eine «terroristische Organisation» geleitet und versucht zu haben, die Regierung zu stürzen. Basbug, der im vergangenen Jahr in den Ruhestand getreten war, wurde laut Anadolu in das Silivri-Gefängnis bei Istanbul gebracht, wo bereits zahlreiche Militärs wegen angeblicher Putschpläne einsitzen.
Der frühere Generalstabschef war am Donnerstag in Istanbul sieben Stunden lang wegen des Verdachts verhört worden, Drahtzieher einer Kampagne zur Diskreditierung der Regierungspartei AKP gewesen zu sein. Dazu hätten Pläne gehört, Internetseiten zur Destabilisierung des Landes einzurichten.
Basbug weist Vorwürfe zurück
Basbug wies die Anschuldigungen laut Anadolu zurück. «Wenn ich tatsächlich als Kommandant mit einer Kontrolle über 700'000 Streitkräfte solche schlechten Absichten gehabt hätte, hätte es andere Mittel gegeben, um zu handeln», äusserte er demnach in seiner Aussage.
Die Situation sei «tragikomisch». Er habe in seiner Amtszeit stets die Gesetze und die Verfassung des Landes respektiert, sagte der 68-Jährige. Sich mit solchen Vorwürfen konfrontiert zu sehen, sei zudem ohnehin bereits «die schlimmste Strafe» für ihn, sagte Basbug Anadolu zufolge weiter. Egal, wie hoch eine etwaige Strafe nun ausfalle, sie berühre ihn nicht.
Sein Anwalt kündigte an, gegen die Inhaftierung vorzugehen. Basbug war von 2008 bis 2010 Generalstabschef der türkischen Armee. Der türkische Präsident Abdullah Gül, ein enger Vertrauter von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, reagierte zurückhaltend auf die Inhaftierung Basbugs. «Niemand darf ohne Gerichtsurteil als schuldig betrachtet werden», erklärte er. «Alle sind vor dem Gesetz gleich.»
Kam der Befehl von der Armeeführung?
Seit vergangenem Jahr stehen bereits 22 Angeklagte wegen des sogenannten Internet-Memorandums des Generalstabs vor Gericht. Der Generalstab bestätigte zwar die Einrichtung der Internetseiten, zugleich erklärte er aber, die regierungsfeindliche Propaganda gehe auf das Konto einzelner Offiziere.
Einige der Beschuldigten, darunter ehemalige hohe Offiziere, sagten jedoch vor Gericht aus, die Verantwortung habe bei der Militärführung gelegen.
Mit Ergenekon-Verfahren verschmolzen
Der Prozess wegen des Internet-Memorandums wurde mit einem Verfahren verschmolzen, in dem es um einen ebenfalls im Generalstab angefertigten Plan zur Destabilisierung der Regierung geht.
Beide Fälle stehen im Zusammenhang mit den seit Jahren laufenden Ermittlungen gegen die mutmassliche ultra-nationalistische Verschwörerbande Ergenekon, die Erdogans Sturz geplant haben soll. Kritiker werfen Erdogan indes vor, das Verfahren zur Einschüchterung politischer Gegner zu missbrauchen.
Die türkische Armee hatte in den Jahren 1960, 1971 und 1980 geputscht. Im Jahr 1997 brachte sie die Regierung des islamistischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan zu Fall. Das Militär sieht sich selbst als Garant der säkularen Werte der Türkei. Es betrachtet die Regierung Erdogan wegen deren islamischer Wurzeln ebenfalls mit Misstrauen.
SDA/jak
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