Der lange Arm des türkischen Autokraten reicht bis in Klassenzimmer in der Schweiz. Mit seiner blinden Wut will Recep Tayyip Erdogan den mutmasslichen Anhängern des Predigers Fethullah Gülen den Garaus machen und Kritiker zum Schweigen bringen. Auch hier in Zürich zeigen die Drohungen Wirkung: Eine Schule muss schliessen, weil die Eltern ihre Kinder nicht mehr zum Unterricht schicken, da sie Angst haben vor Repressionsmassnahmen der türkischen Behörden.
Seit dem Putschversuch vor einem Jahr hat Erdogan ein Netz aus Denunzianten aufgebaut. Anschwärzen wird so zur Staatsräson. Die Türken sollen nicht mehr reden dürfen, gewünscht sind Lobeshymnen auf den Präsidenten. Seine Hetzjagd ist mittlerweile global und gefährlich: Erdogans Leibwächter verprügeln in Washington kurdische Demonstranten, in Deutschland sammelt der türkische Geheimdienst Informationen über deutsche Parlamentarier, Diplomaten fordern Auslandstürken auf, ihre Landsleute zu melden, die den «geehrten Präsidenten» beleidigen.
Erdogans Motivation ist leicht durchschaubar.
Der Westen – und damit auch die Schweiz – hat bisher gezögert, Ankara die roten Linien aufzuzeigen. Der Grund dafür ist offensichtlich: In der Flüchtlingskrise sieht sich Erdogan am längeren Hebel, er hat auch schon mit der Öffnung der Grenzen gedroht, um alle Migranten in die EU weiterzuleiten. Diese Drohung muss man ernst nehmen, aber der Westen darf vor Erdogan nicht kuschen und zulassen, dass er den innertürkischen Konflikt nach Europa trägt.
Nun hat die deutsche Regierung ein Zeichen gesetzt und Erdogans Wahlkampfauftritte verboten – endlich. Der türkische Staatschef wollte die Reise zum G-20-Gipfel in Hamburg nutzen, um auch zu seinen Landsleuten zu sprechen. Erdogans Motivation ist leicht durchschaubar: Er braucht die Stimmen der Diaspora bei den Wahlen 2019, damit er die absolute Macht ausüben kann, die ihm eine knappe Mehrheit der Türken beim Verfassungsreferendum im April anvertraut hat. Dabei macht Berlin nicht mehr mit. Die Schweiz sollte ähnlich handeln, denn Erdogan möchte sich nicht nur in den Schulalltag einmischen, sondern alle Auslandstürken unter seine Knute bringen.
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Erdogans globale Hetzjagd
Seit dem Putschversuch vor einem Jahr hat der türkische Staatschef ein Netz aus Denunzianten aufgebaut.