Projekt gegen häusliche GewaltErhalten von Partnern bedrohte Frauen bald Schutz per GPS?
Am Freitag entscheiden die kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen mit der Zürcher Vertreterin Jacqueline Fehr über einen Einsatz der neuen Technologie gegen häusliche Gewalt.

Die Innovation kommt aus Spanien. Dort können von ihren Partnern oder Ex-Partnern bedrohte Frauen sich dazu entscheiden, einen GPS-Sender mit sich zu tragen. Ein kleines Gerät, das vom Aussehen her an ein älteres Mobiltelefon erinnert. Nun interessiert sich auch die Schweizer Justiz für dieses System, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt.
Über einen Piloteinsatz solcher Geräte entscheidet am kommenden Freitag laut «NZZ am Sonntag» der Vorstand der Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz der Kantone (KKJPD). Diesem gehört auch die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP) an.
Alarm, wenn sich GPS-Sender und Fussfessel zu nahe kommen
Die GPS-Tracker für bedrohte Frauen funktionieren nicht als Einzelgeräte, sondern in Kombination mit einer Fussfessel, die ein potenziell gefährlicher Ex-Mann oder Partner trägt. Kommen sich die beiden Geräte räumlich zu nahe, wird ein Alarm ausgelöst. Beim bisherigen System, bei dem nur der Mann eine Fussfessel trug, half die elektronische Überwachung meist erst für die Ortung im Nachhinein.
Wie gross das Potenzial ist, zeigen die Zahlen in der «NZZ am Sonntag». 2021 registrierte die Polizei 19’341 Fälle im Bereich häusliche Gewalt in der Schweiz – also alle 30 Minuten eine Straftat. Regierungsrätin Jacqueline Fehr liess sich mit einer Delegation das System in Spanien erklären und sagt gegenüber der «NZZ am Sonntag»: «Die elektronische Überwachung von Rayon- und Kontaktverboten kann helfen, Gewalttaten zu verhindern.» Sie unterstrich zugleich, dass die Überwachung der potenziellen Opfer freiwillig sei.
Überdies macht sie sich keine Illusionen, wie sie der «NZZ am Sonntag» sagt: «Selbst wenn wir live mitverfolgen können, wie jemand ein Kontaktverbot bricht, folgt darauf keine Echtzeitintervention mit Helikoptern und Polizisten, die sich abseilen.» Eine Garantie, damit jegliche Straftaten zu verhindern, gebe es auch damit nicht.
Um sein Polizeikorps nicht mit zusätzlichen Überwachungsaufgaben zu belasten, arbeitet der Kanton Zürich beim Electronic Monitoring bereits mit der Sicherheitsfirma Certas AG zusammen, einem Joint Venture von Siemens und Securitas.
Elektronische Überwachung ist im Kommen
Die elektronische Überwachung ist im Kanton Zürich generell auf dem Vormarsch. Trugen 2018 laut «NZZ am Sonntag» erst 12 Personen eine Fussfessel, sind es heute bereits 73. Bei den Vollzugstagen ist die Steigerung ebenso deutlich, von knapp 1500 Tagen 2018 auf fast 10’000 jährliche Vollzugstage.
Es gehe bei Electronic Monitoring auch darum, dass gut integrierte Leute nicht wegen einer kurzen Freiheitsstrafe oder Massnahme aus Job und Familie gerissen würden, erklärt Michael Bühl, Leiter der Abteilung Alternativer Strafvollzug in der Zürcher Justizdirektion, der «NZZ am Sonntag».
Ebenfalls attraktiv ist die elektronische Überwachung fürs Budget. Der Kanton Zürich biete seine Überwachungsdienstleistungen auch anderen Kantonen an – für 100 Franken pro Tag, schreibt die «NZZ am Sonntag». Im normalen Strafvollzug koste ein Häftling mindestens dreimal mehr.
ebi.
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