«Es beginnt mit der Frage, ob ein Gegenstand glücklich macht»
Aufräumexpertin Karine Paulon aus Thalwil erklärt, worauf es beim Entrümpeln der Wohnung ankommt und wie diese nicht nur bis zum Frühling ordentlich bleibt.
Seit etwas mehr als einem Monat läuft sie auf Netflix: die Serie «Aufräumen mit Marie Kondo», die auch hierzulande wahre Entsorgungswellen ausgelöst hat. In der Sendung bringt die 34-jährige Japanerin Ordnung in Haushalte und regt damit zum eigenen Entrümpeln an. Auch in Thalwil gibt es eine Aufräumexpertin, die Kundinnen und Kunden nach der KonMari-Methode begleitet – Karine Paulon erzählt im Gespräch, weshalb Aufräumen stark mit Emotionen verbunden ist.
Mit dem Start der Netflix-Serie von Marie Kondo zogen dieses Jahr viele ihren Frühlingsputz vor. Welchen Effekt hat die Serie auf Ihr Geschäft?
Zuvor erntete ich oft Stirnrunzeln, wenn ich Bekannten offenbarte, dass ich als Aufräumcoach tätig bin. Nun ist das Bewusstsein für diesen Beruf gewachsen. Doch es gibt neue Missverständnisse: So zeigt die Serie oft Extrembeispiele. Dabei greifen auch Personen mit einem gesunden Ordnungssinn gern auf die Unterstützung eines Coachs zurück.
In der Show sieht es so aus, als würde Kondo die Kunden bloss zum Aufräumen anstupsen und dann wieder verschwinden.
Die Realität ist anders: Wir Aufräumcoachs begleiten unsere Kunden während ihres gesamten Weges zur ordentlichen Wohnung. Auch sind wir gerade da zur Stelle, wo es harzt und stockt. Nur so verlieren die Kundinnen und Kunden während des Prozesses nicht den Mut.
«Aufräumen ist etwas Intimes, und da ist es wichtig, dass die Chemie stimmt.»
Wie muss ich mir einen Besuch von Ihnen vorstellen?
Zuerst gibt es ein Telefongespräch, denn Aufräumen ist auch etwas Intimes, und da ist es wichtig, dass die Chemie stimmt. Anschliessend komme ich zu Besuch, und die Leute kommentieren während eines Rundgangs ihr Zuhause. Ich erkläre ihnen, wie ich arbeite. Erst dann packen wir die Unordnung an. In einer ersten Sitzung beschäftigen wir uns meist mit den Kleidern. Diese legen wir auf einen Haufen und gehen sie gemeinsam durch. Dabei stellen wir uns immer die Frage, ob ein Kleid glücklich macht – also einen «Spark of Joy» auslöst. Dabei geht es nicht um einen Kopfentscheid, sondern um ein Gefühl, das aus dem Bauch, ja aus dem Herzen kommt. Dieser Vorgang wiederholt sich anschliessend bei allen Gegenständen einer Kategorie.
Wie viele Sitzungen sind dafür nötig?
Es ist sehr unterschiedlich: Manche brauchen bloss eine, dann ist ihnen klar, wie sie vorgehen müssen. Andere wünschen sich eine Begleitung bis zum Ende.
Begrüssen Sie denn auch jedes Haus, wie Marie Kondo es tut?
Ich frage jeweils die Kunden, ob sie dies wollen oder nicht. Denn dieses Ritual ist in den westlichen Gefilden nicht sehr üblich.
«Ich gehe davon aus, dass jedes Haus eine gewisse Energie hat, eine gewisse Seele.»
Was steckt hinter dieser Geste?
Ich gehe davon aus, dass jedes Haus eine gewisse Energie hat, eine gewisse Seele. Darum ist es mir wichtig, dass man mit dem Haus kommuniziert. Man kann sich bei ihm dafür bedanken, dass es eine Heimat bietet, oder aber auch ankündigen, dass man von nun an in ihm arbeitet. Das mag etwas esoterisch klingen, aber ich empfinde es als schöne Tradition.
Was finden Sie das Schwierigste an Ihrem Job?
Schwierig wird es da, wo es emotional wird. Ich lache zwar mit meinen Kunden sehr viel, doch gibt es auch hin und wieder Tränen. Da leide ich jeweils mit.
Sie sagten einst, Sie seien etwas zwischen einer Putzfrau und einer Psychologin. Weshalb ist Aufräumen denn so etwas Emotionales?
Zu jedem Gegenstand, den wir besitzen, bauen wir eine Art Beziehung auf, bewusst oder unbewusst. Wenn wir unser Hab und Gut wieder loslassen, dann kann es sein, dass diese Emotionen wieder zum Vorschein kommen.
«Es ist sinnvoll, sich einzelne Aufräumetappen als Termine in der Agenda festzuhalten.»
Welche Tipps haben Sie für jene, die ihre Unordnung allein angehen wollen?
Beginnen Sie damit, dass Sie sich Ihr ideales Leben visualisieren. Eine solche Vorstellung kann Ihnen während des Aufräumvorgangs als eine Art «idealer Kompass» dienen. Weiter ist es sinnvoll, sich einzelne Aufräumetappen als Termine in der Agenda festzuhalten. Damit verpflichtet man sich dem Prozess. So als wäre es ein Arzttermin, den man nicht verschieben kann.
Wie lassen sich Rückfälle ins Chaos vermeiden?
Ich bin überzeugt, dass jene Personen, die die KonMari-Methode ehrlich anwenden, keinen Rückfall erleben werden. Der Vorher-Nachher-Effekt ist so gross, dass er über das rein materielle Aufräumen hinaus wirkt und so einen Rückfall vermeiden lässt.
Wie kommt man auf die Idee, fremden Leuten beim Aufräumen zu helfen?
Ich habe schon immer gerne aufgeräumt. Trotzdem war ich eine Sammlerin – jedoch eine gut organisierte. Als ich 40 Jahre alt wurde, wollte ich mich beruflich neu orientieren. In dieser Zeit habe ich die KonMari-Methode entdeckt, und es war eine Art Offenbarung. Nachdem ich selbst den Prozess durchgemacht hatte, ging ich für einen KonMari-Kurs nach Chicago. Danach habe ich mich selbstständig gemacht.
Alle Informationen zum KonMari-Coaching unter www.ajour-athome.ch
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch