
Nach der Ablehnung des CO₂-Gesetzes werden die Stimmen vor allem von der politischen Linken lauter, die vorwiegend dem Finanzplatz die Verantwortung für den Klimawandel zuschieben. Anscheinend bereitet die SP eine Finanzplatzinitiative vor, die insbesondere ein Verbot von klimaschädlichen Investitionen vorsieht. Im Rahmen dieser Vorwürfe gilt es klarzustellen, welche Rolle der Finanzplatz beim Übergang in eine nachhaltigere Welt spielen kann – und welche nicht.
Ende 2019 hat der Finanzplatz Schweiz 7893 Milliarden Franken verwaltet. Somit hat er tatsächlich einen gewissen Einfluss. Denn durch die Steuerung von Finanzflüssen in nachhaltige Aktivitäten hat die Finanzbranche grosses Potenzial, Märkte zu verändern und Wirtschaftssysteme nachhaltig mitzugestalten. Es geht darum, dass der Finanzplatz den Übergang von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit finanziell unterstützt und beschleunigt.
Oft entscheiden die Kunden selbst
Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Swiss Sustainable Finance zeigt, dass hierzulande bereits heute sehr viele Vermögen nachhaltig investiert werden: Das Volumen nachhaltiger Investitionen stieg 2020 um 31 Prozent auf 1520 Milliarden Schweizer Franken. 72 Prozent dieser Investitionen waren in den Portfolios institutioneller Kunden, die restlichen 28 Prozent entfielen auf Privatkunden. Die Bemühungen der Banken, «Sustainable Finance» zu fördern, beginnen also Früchte zu tragen.
Warum ist nicht noch mehr Vermögen nachhaltig investiert? Etwa die Hälfte des in der Schweiz deponierten Geldes wird entweder nicht investiert oder direkt vom Kunden verwaltet, ohne Auftrag an eine Bank. Hier kann der Finanzdienstleister keinen Einfluss auf nachhaltige Investitionen nehmen, denn in einem liberalen Land wie der Schweiz kann richtigerweise der Kunde entscheiden, wie sein Vermögen investiert wird. Selbst wenn die Bank mit der Verwaltung beauftragt wird, gibt der Kunde die Instruktionen, in welchen Anlagenklassen er investieren will.
Keine unmögliche Rolle aufzwingen
Ein weiterer Faktor: Es gibt heute schlicht nicht genügend grüne, nachhaltige Unternehmungen, in die die Kundenvermögen investiert werden können. Der Finanzplatz kann zwar Innovationen unterstützen. Es ist ihm jedoch nicht möglich, nicht nachhaltige Aktiven in nachhaltige Aktiven umzuwandeln, die es noch nicht gibt. Der Finanzplatz ist ein Spiegelbild der Realwirtschaft; dort muss die nachhaltige Transformation starten.
Nun will aber die politische Linke, dass der Bund Massnahmen trifft, um die Finanzflüsse über den Schweizer Finanzplatz auf das Ziel «netto null weltweite Nettoemissionen von Treibhausgasen per 2050» auszurichten. Es ist jedoch nicht möglich, Öl und Kohle von einem Tag auf den anderen durch saubere Energie zu ersetzen. Zuerst müssen entsprechende Infrastrukturprojekte geplant werden, die die Banken mitfinanzieren werden. Des weiteren verlangt die Finanzmarktaufsicht von den Finanzakteuren Transparenz über Klimarisiken und zwingt die Akteure, die klimabezogenen Finanzrisiken zu überwachen.
Anstatt dem Finanzplatz eine Rolle aufzuzwingen, die er gar nicht wahrnehmen kann, müssen in der Schweiz die politischen Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass der Finanzplatz Raum hat, um «Sustainable Finance» als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. So wäre der Sache am meisten gedient.
Jan Bumann ist stellvertretender Direktor der Vereinigung Schweizerischer Privatbanken (VSPB).
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Den Banken ist die Umwelt ein grosses Anliegen. Es braucht dafür keine Volksinitiative.