Hurrikan Ian verwüstet Florida«Es ist fast nichts übrig»
Zerfetzte Strassen, schwimmende Autos, kaputte Lokale: Allmählich wird in Florida das Ausmass der Schäden durch Hurrikan Ian ersichtlich. Aber noch immer ist nicht klar, wie tödlich der Sturm wütete.
Der Sturm hat noch nicht genug, in der Nacht zieht er weiter. Als Ian Florida überrollt hat, wirbelt er am Freitag hinauf Richtung South Carolina, nimmt über dem Atlantik wieder Fahrt auf und wird erneut zum Hurrikan. Am Mittwoch (Ortszeit) hatte Ian mit Stärke 4 die Halbinsel im Südosten der USA heimgesucht, ehe er kurz satt zu sein schien und zum Tropensturm herabgestuft wurde. Zurück bleibt eine Schneise der Zerstörung, erst allmählich wird klar, was Ian im Revier der Strände und Vergnügungsparks angerichtet hat.
Von mehreren Toten ist die Rede, wie viele Opfer es sind, lässt sich kaum abschätzen. US-Präsident Joe Biden spricht von einem «erheblichen Verlust an Menschenleben», dies könne der tödlichste Sturm in der Geschichte Floridas sein.

Hunderte gestrandete Menschen wurden gerettet, mit Booten und Hubschraubern. Mehr als 2,5 Millionen Bewohner der Halbinsel sind ohne Strom. Besonders schlimm hat es unter anderem Naples und Fort Myers an der Westküste erwischt, dort, wo Ian aus Kuba kommend das nordamerikanische Festland erreicht hatte. Einige Häuser seien ausgelöscht worden, nur noch Betonplatten seien übrig, sagt Gouverneur Ron DeSantis, man sieht das jetzt ständig im Fernsehen.
Eingestürzte Gebäude, demolierte Brücken
Dem Sheriff des Bezirks Lee County fehlen beim Anblick von Fort Myers Beach die Worte. Es war eine Gegend mit Hotels, Restaurants, Palmen und Sand, und jetzt? «Absolute Verwüstung», berichtet eine Frau der Tampa Bay Times, «es ist fast nichts übrig.» Einem 60 Jahre alten Mann dort kommt es vor, als sei eine Atombombe abgeworfen worden. Zerfetzte Strassen, schwimmende Autos, kaputte Lokale, in der Marina haben sich Jachten ineinandergequetscht wie nach einem Tsunami.
Der Himmel schickte enorme Mengen Regen, und aus dem Golf von Mexiko wurden die Fluten ans Ufer gedrückt. «Ich kann nicht glauben, dass Mutter Natur so etwas tut», wird eine Verkäuferin aus Fort Myers Beach zitiert. «Mein Gott.»

Gebäude sind eingestürzt, die Brücke zu den Inseln Sanibel und Captiva wurde stellenweise demoliert und ist unpassierbar. «Biblisch» nennt DeSantis die Schäden auf Sanibel. In Fort Myers wirkt das Schild «Achtung, bei Nässe rutschig» an einer Treppe wie Hohn, als einer Passantin aus dem Schlamm geholfen wird. Im überfluteten Naples legt ein australischer Kameramann während der Live-Übertragung kurz die Kamera ab und eilte einer Familie zu Hilfe.

Im dortigen Bezirk Collier County erliess der Sheriff eine nächtliche Sperrstunde. Das Wasser steige, Trümmer lägen auf den Strassen, und viele Menschen hätten ihre Häuser und Geschäfte verlassen, erläutert er. «Wir wollen nicht, dass Kriminelle unsere Bewohner und Unternehmen in einer der verletzlichsten Zeiten ihres Lebens ausbeuten.»
Gouverneur DeSantis empfiehlt Menschen, die in Sicherheit gebracht wurden, sich mit der möglichen Heimkehr Zeit zu lassen, auf entwurzelte Bäume und abgestürzte Stromleitungen aufzupassen sowie nicht in stehendem Wasser Auto zu fahren. Viele Leute haben kein Zuhause mehr, der Wiederaufbau wird lange dauern und Milliarden Dollar kosten. Disney World in Orlando meldet, dass am Freitag die Themenparks wieder geöffnet würden. Das Wetter werde besser, heisst es. In South Carolina wird das Wetter schlechter, Ian kommt.

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