Kafi Freitags Zürich«Es ist jetzt nicht die Zeit, um zu gefallen»
Die Podcasterin und Coach befindet sich seit 26 Tagen in Selbstquarantäne – und stösst dabei nicht nur auf Verständnis.

Jede Woche beantworten Personen, die Zürich prägen, unseren Fragebogen und verraten uns, was die Stadt für sie ausmacht. Heute: Podcasterin und Coach Kafi Freitag.
Sie befinden sich seit 26 Tagen in Selbstquarantäne. Wie geht es Ihnen?
Weil ich zur Risikogruppe gehöre, bin ich den Schritt sehr früh gegangen. Mir geht es sehr gut, weil ich viel Platz habe und gut mit fehlender Struktur umgehen kann.
Sie arbeiten weiterhin als Coach, funktionieren die Fern-Sessions?
Ja, es geht erstaunlich gut. Wenn man sich darauf einlässt, ist es kein grosser Unterschied zu einem normalen Coaching. Das bestätigen mir auch die Menschen, mit denen ich arbeite.
Sie teilen in diesen Tagen viel auf Instagram. Was für Reaktionen haben Sie dafür erhalten?
Als ich am 10. März mein Video «Corona ist leider keine normale Grippe» auf den sozialen Medien geteilt habe, hat das für Aufruhr gesorgt. Viele haben mich angefeindet deswegen. Inzwischen bedanken sich viele Menschen, weil sie durch mich den Ernst der Lage erkannt hatten. Ich nutze meine Reichweite, um zu sensibilisieren. Dass ich mich damit unbeliebt mache, nehme ich in Kauf. Es ist jetzt nicht die Zeit, um zu gefallen.
Wie pflegen Sie aktuell Ihre Freundschaften?
Ich telefoniere häufiger und schreibe Postkarten.
«Ich will unbedingt lernen, mir mit einem Rasiermesser die Haare zu schneiden.»
Gibt es etwas, das Sie schon lange tun wollten und jetzt Zeit dafür haben?
Im Moment habe ich nicht mehr Zeit als vorher, sondern eher weniger. Aber ich will unbedingt lernen, mir mit einem Rasiermesser die Haare zu schneiden. Ein Trend aus San Francisco, der mich sehr fasziniert.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn der Normalzustand zurück ist?
Dass mein 15-jähriger Sohn seine Freunde wieder treffen darf. Er hat mit einer sehr konsequenten Mutter, die der Risikogruppe gehört, die Arschkarte schlechthin gezogen.
Zu welcher Uhrzeit ist Zürich am schönsten?
Immer dann, wenn ich eine neue Folge unseres Podcasts «Kafi am Freitag» hochlade. Wir senden im Moment mehrmals die Woche, und die Leute warten jeweils wie auf heissen Kohlen, dass eine neue Episode online geht.
Wann können Sie nicht widerstehen, ein Selfie zu machen?
Meine Beine auf meinem Küchentisch sind das beste Sujet, was ich in Sachen Selfie zu bieten habe. Ich habe sehr schöne Beine und sehe es als Verpflichtung, sie regelmässig zu posten.
Welche Ecke Zürichs ist überbewertet?
Das Seefeld.
Funktioniert Zürich auch ohne Geld?
Natürlich nicht. Die Börsianer brauchen es, um damit ihr Koks in die Nase zu ziehen, und auch sonst ist Zürich auf Geld gebaut. Auf unserem eigenen, aber vor allem auf dem, welches die ganze Welt bei uns lagert.
Auf welchen Luxus können oder wollen Sie nicht verzichten?
Auf meinen Volvo V90. Ich fahre für mein Leben gern Auto, es ersetzt mir ADHSlerin viel Ritalin. Im Moment verzichte ich auf geliebte Autobahnfahrten, aber ich fahre täglich damit in meine Praxis und halte im stehenden Wagen viele telefonische Sitzungen, weil es mein absoluter Lieblingsort ist. Nirgendwo sonst fühle ich mich so geborgen.
Welches ist Ihr Züri-Soundtrack?
Natürlich «Kafi Lied» von Kalabrese, welches er mit Sicherheit mir gewidmet hat.
Wo findet einen in Zürich das Glück?
Auf Binenand.com, wo man innert Sekunden anonym ins Gespräch mit einem anderen Menschen kommen kann.
Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?
Im Moment ist es für mich schwer zu ertragen, dass jeder nur innerhalb seines Gartens denkt. Wenn wir bereit wären, interdisziplinärer zu handeln, könnten wir vielen Problemen – auch Covid-19 – viel stärker entgegentreten. Ich hoffe sehr fest, dass sich da Scheuklappen öffnen mögen. Bald!
Annik Hosmann ist Redaktorin im Ressort Zürich Leben. Sie hat an der Universität Zürich Publizistik und Kulturanalyse studiert und schreibt seit 2018 über die Kultur und das Leben in Zürich.
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