«Es wurde noch kein Zeuge enttarnt»
Seit eineinhalb Jahren werden wichtige Zeugen in Kriminalfällen durch ein Schweizer Schutzprogramm geschleust. Der Fedpol-Chef über das harte Auswahlverfahren, neue Identitäten und ewige Sozialfälle.

Nehmen wir an, ein Menschenhändler wird verhaftet und ist bereit auszusagen. Welche Informationen muss er mindestens preisgeben, dass er in das nationale Zeugenschutzprogramm aufgenommen wird?
Adrian Lobsiger: Dass ein Täter ins Programm aufgenommen wird, ist eher die Ausnahme. In der Regel ist der Zeugenschutz für Opfer oder Täter, die zugleich Opfer sind, gedacht. Unabhängig von der Rolle wird aber immer der gleiche Test gemacht: Über allem steht das staatliche Interesse. Der Zeugenschutz ist nicht dazu da, um hilflose oder bedürftige Personen zu unterstützen. Es geht darum, dem Rechtsstaat ein Instrument zu geben. In dem Fall, in dem eine dritte Partei versucht, die Justiz an der Wahrheitsfindung dadurch zu hindern, dass sie zum Beispiel ein Opfer einschüchtert.