«Es zeigt: Wir sind am Ende»
Burka-Verbot und Burkini-Streit: Die französische Soziologin Elisabeth Badinter vertritt eine klare Position in der aktuellen Debatte.

Die Fotos der verschleierten Frau mit den Polizisten am Strand von Nizza sind um die Welt gegangen und haben für Empörung gesorgt. Waren Sie auch schockiert?
In gewisser Weise ja. Ich bin eine Verfechterin der Freiheit. Jeder soll tragen können, was er will. Insofern lässt mich der Burkini komplett kalt, obwohl er eine radikal religiöse und damit politische Bedeutung hat. Denn diese Frauen tragen den Burkini, nicht weil sie unsichtbar sein, sondern weil sie auffallen wollen. Aber es ist ein Nebenschauplatz. In Frankreich ist die Religionsfreiheit des Einzelnen sehr genau definiert. Das Verbot bestimmter Kleidung betrifft nur die Verwaltung, die Schulen und die Universitäten. Ansonsten gilt, dass man nicht nackt rumlaufen und sein Gesicht nicht vermummen darf. Eine derartige Verbotswut befördert deshalb nur die schlimmsten Spaltungen. Mich schockierten diese Fotos. Allerdings schockiert mich noch mehr, dass sich jemand in diesem Aufzug an den Strand von Nizza wagt, wo wenige Meter weiter 86 Menschen ermordet wurden.