
Sie haben sich schon lange nicht mehr getroffen, Luca, der Architekt, und Bruno, der Werber, zu ihrem frühmorgendlichen Espresso im Bistro im Seefeld, früher haben sie das jeden Montag gemacht. Luca war monatelang weg gewesen, er musste ein Hotelprojekt in South Beach Miami betreuen, doch jetzt ist er zurück, und die beiden haben wieder wie früher in den Zeitungen gelesen, die in diesem Bistro noch aufliegen, praktisch alle lesen hier.
Du, sagt Luca plötzlich, er ist erstaunt, dass viele Schlagzeilen immer noch die gleichen sind wie damals, als er temporär nach Florida gezogen war, du, wir haben doch schon früher immer wieder über ihn gesprochen. Wen meinst du?, fragt Bruno, er fragt es mehr rhetorisch, denn er hat ja gesehen, was Luca eben gelesen hat, und der Name stand gross im Titel, vom Dilemma mit diesem Herrn war die Rede.
Ja, du weisst schon, sagt Luca, wen ich meine, und er zitiert den Präsidenten des Clubs, um den es geht. Luca liest vor, was er eben gelesen hat, der Präsident soll im Gespräch gesagt haben, er wolle diesen Namen gar nicht mehr in den Mund nehmen, der Journalist wisse ja schon, wen er meine.
Es zwitschert wieder im Club, sagt Bruno lachend, wie immer, wenn dieser Herr mit im Spiel ist, und das ist er ja seit 100 Jahren, und der Club, der einst für nobel stand und sich nobel gab, ist nur noch ein Chaos-Club. Eine hässliche Geschichte sei es, stand in dieser Zeitung geschrieben.
Weisst du noch, sagt Luca, welchen Namen wir ihm gegeben haben, wir wollten seinen richtigen oft auch nicht in den Mund nehmen, wie das offenbar jetzt der Präsident tut oder eben nicht tut. Bruno weiss es natürlich, er sagt es laut: der Kranich! Der sass doch einmal gar in der Kiste und hat nachher erzählt, wie er in seiner Zelle kurze Sprints und Dehnungen gemacht habe und umhergehüpft sei. Welch grossartiges Bild. Aber warum sind wir eigentlich auf diese Bezeichnung gekommen, es gibt doch Tausende von Arten, aber ausgerechnet Kranich?
Ich glaube, sagt Luca, wir haben den sehr bewusst ausgesucht, wir haben seinerzeit nachgeschaut, und Luca macht es auch jetzt, googelt auf seinem iPhone, gibt den Namen ein und schmunzelt. Hör mal, was hier steht: Kranich steht in der griechischen Mythologie für Klugheit. Das stimmt ja, sagt Bruno, unser Kranich hatte seinerzeit, bevor er glaubte, nur er wisse, dass der Ball wirklich rund ist, Literatur studiert und in Paris Theatergeschichte, sein Traum war, Regisseur zu werden.
So sieht er sich auch, sagt Luca, ein Regisseur im Hintergrund, mit Leuten, die er einsetzt, um ihm Informationen zu beschaffen, er hat sich stets einen privaten Nachrichtendienst organisiert. Aber, sagt Luca, und er schaut wieder auf sein Handy, in Japan steht dieses Tier auch für Glück und ausgesprochene Langlebigkeit. Bruno nimmt einen letzten Schluck des Espresso, der inzwischen kalt geworden ist, und sagt, dieser Club werde unseren Kranich auch in den nächsten 100 Jahren nicht los.
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Es zwitschert wieder bei GC
Ein Architekt und ein Werber in einem Cafe, ein Chaos-Club in den Zeitungen und ein Kranich, der einfach nicht davonfliegen will.