Eskalation der Gewalt statt Waffenruhe
Benutzt die syrische Regierung die Frist bis zur Waffenruhe als Deckmantel für eine Niederschlagung der Opposition? Fest steht: Assad hat bis jetzt mit dem Truppenabzug nicht begonnen. London und Paris üben scharfe Kritik.
Der internationale Sondergesandte Kofi Annan hat die Konfliktparteien in Syrien aufgefordert, die Kämpfe umgehend einzustellen. Es sei aber noch zu früh, seinen Friedensplan und die darin vorgesehene Waffenruhe für gescheitert zu erklären.
«Es gibt eine Eskalation in Syrien hinsichtlich der militärischen Aktivitäten», erklärte Annan im türkischen Hatay nach Besuchen in Flüchtlingslagern an der Grenze zu Syrien. Die Bemühungen um ein Ende des Blutvergiessens müssten fortgesetzt werden.
Eine Sprecherin des oppositionellen Syrischen Nationalrats erklärte heute in Genf, die Soldaten von Präsident Baschar Assad hätten ihr Vorgehen in den Hochburgen der Opposition verschärft. Allein am Montag habe es 160 Tote gegeben. Die Regierungstruppen hätten schwere Waffen gegen Zivilisten eingesetzt. Die Lage für die Zivilbevölkerung verschlechtere sich dramatisch. Vor der Gewalt in Syrien sind bereits rund 25'000 Menschen in die Türkei geflüchtet.
Kritik auch aus Russland
Ein Sprecher des französischen Aussenministeriums bezeichnete die syrischen Angaben eines Rückzugs als «einen neuen Ausdruck dieser schamlosen und inakzeptablen Lüge». Der britische Aussenminister William Hague warf Damaskus vor, die Frist bis zur Waffenruhe als Deckmantel für eine Niederschlagung der Opposition zu benutzen.
«Die syrische Regierung hätte bei der Umsetzung von Annans Friedensplans aktiver und entschlossener sein können», sagte der russische Aussenminister Sergej Lawrow in Moskau. Gleichzeitig forderte er die syrische Opposition und auf sie Einfluss übende Länder auf, ihre Macht einzusetzen, um einen Waffenstillstand in Syrien herbeizuführen.
Damaskus fordert Beobachtermission
Aktivisten sagten, es gebe keine Anzeichen für einen gross angelegten Abzug der Truppen. Das Syrische Observatorium für Menschenrechte erklärte, Regierungstruppen hätten am Dienstag die Stadt Mare im Nordwesten des Landes angegriffen. Auch die zentrale Stadt Homs sei unter Beschuss geraten, erklärten Aktivisten.
»Die Soldaten werden nicht aus den Städten und Dörfern abgezogen«, sagte ein Aktivist in der Provinz Idlib, Fadi al Jassin. »Im Gegenteil, es wird noch Verstärkung geschickt.« In Idlib und Hama hätten die Soldaten Unterstützung von Hubschraubern erhalten. Sie hätten Maschinengewehre gegen Kämpfer der Opposition eingesetzt.
»Wir haben bereits Truppen und Heereseinheiten aus mehreren syrischen Provinzen abgezogen«, sagte der syrische Aussenminister Walid Muallem am Dienstag in Moskau. Er verlangte, die Waffenruhe müsse zeitgleich mit der Entsendung einer internationalen Beobachtermission erfolgen. Ausserdem forderte er von dem UN-Sondergesandten Kofi Annan eine Garantie, dass die Opposition die Waffenruhe einhalte.
Nach einem Friedensplan Annans sollte die syrische Regierung bis zum (heutigen) Dienstag ihre Truppen aus Städten und Dörfern abziehen. Für Donnerstagmorgen war eine Waffenruhe vorgesehen.
Nationalrat meldet 1000 Tote
Die Regierungstruppen töteten in den vergangenen acht Tagen nach Angaben des oppositionellen Syrischen Nationalrats rund 1000 Menschen. Eine Sprecherin des Rats erklärte am Dienstag in Genf, die Soldaten von Präsident Baschar Assad hätten ihr Vorgehen in den Hochburgen der Opposition verschärft. Allein am Montag habe es 160 Todesopfer gegeben. Die Regierungstruppen hätten schwere Waffen gegen Zivilisten eingesetzt. Die Lage für die Zivilbevölkerung verschlechtere sich dramatisch. Erdogan wirft Syrien Grenzverletzung vor
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan warf Syrien am Dienstag eine Grenzverletzung vor. Während eines Besuchs in China sagte Erdogan nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstag, die Türkei bewerte die Lage nach den tödlichen Schüssen syrischer Soldaten auf ein türkisches Flüchtlingslager. Danach werde die Regierung entsprechende Schritte einleiten. Dazu gehörten Massnahmen »über die wir gar nicht nachdenken wollen«.
Bei dem Zwischenfall waren am Montag nach Angaben der türkischen Behörden mindestens sechs Menschen verletzt worden. Augenzeugen sprachen sogar von zwei Toten.
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