Etwas links und etwas realo
Mann/Frau, Stadt/Agglo: Das neue Co-Präsidium soll den Richtungsstreit der SP in Erfolg umwandeln.

Minutenlanger Applaus am Montagabend im Zürcher Volkshaus – unterbrochen durch Jubelrufe. Einstimmig haben 220 Genossinnen und Genossen Nationalrätin Priska Seiler Graf (48, Kloten) und Kantonsrat Andreas Daurù (37, Winterthur) zum Co-Präsidium der kantonalen SP gewählt. Null Enthaltungen. Null Gegenstimmen. Überall ein breites Grinsen. Hie und da gar etwas Augenwasser.
Was für ein Unterschied zum 22. Februar! Da trat Parteipräsident Daniel Frei überraschend zurück, zermürbt vom Streit mit und um Regierungsrat Mario Fehr und seiner Asylpolitik, der die Partei zu spalten drohte. «Erstmals seit 25 Jahren verspürte ich so etwas wie Angst um meine politische Heimat», sagte Priska Seiler Graf in einer feurigen Antrittsrede. Wer, wenn nicht der ausgleichende Daniel Frei, soll diese Partei führen können und wollen, fragte man sich damals. «Da ist ein Ruck durch mich gegangen», sagte Seiler Graf. Ihre Motivation: «Die SP hat zwar keine Fördergelder aus Herrliberg, dafür so viele aktive, engagierte und intelligente Mitglieder wie keine andere Partei.»
Daurù, der Drachentöter
Der bisher weniger bekannte Andreas Daurù, gelernter Psychiatriepfleger und kantonaler VPOD-Präsident, ist seit letztem Sonntag in der politischen Hierarchie um ein paar Schuhnummern aufgestiegen. An vorderster Front sei es ihm gelungen, den «scheinbar unüberwindbaren Privatisierungsdrachen» zu schlagen, sagte SP-Fraktionspräsident Markus Späth (Feuerthalen). Daurù und Co. haben an der Urne die Privatisierung des Kantonsspitals Winterthur verhindert und damit «ein Zeichen an Privatisierungsneurotiker Heiniger gesandt», wie Daurù grinsend sagte.
Was hat in genau drei Monaten dazu geführt, dass in der Partei, die von ihren Gegnern bereits auseinanderdividiert wurde, nun plötzlich wieder Friede-Freude-Solidarität herrscht? Da sind vor allem einmal die Erfolge an der Urne. «Wir sind zurzeit fast unverschämt erfolgreich», sagte Priska Seiler Graf. Nach dem Nein zur Unternehmenssteuerreform III im Februar sind am Sonntag die Erfolge mit der Energiestrategie und der Anti-Privatisierung dazugekommen.
Zweiter Grund: Mit dem umgänglichen Gewerkschafter Andreas Daurù und der gewinnenden Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf werde die Partei nun von einem Duo geführt, «das auf fast optimale Art dem Anforderungsprofil entspricht», sagte Markus Späth als Präsident der Findungskommission. Seiler Graf, Klotener Sicherheitsvorsteherin und Präsidentin des Dachverbands Fluglärmschutz, wisse, «wie man einen Flughafen mit und nicht gegen die Bevölkerung betreibt», so Späth.
Arezina bleibt Vizepräsidentin
Wo sind die Zwiste geblieben, die mit der Strafklage der Juso gegen Fehr und dem Rücktritts Freis eskalierten? Eine von Ständerat Daniel Jositsch angestossene Analyse wird die Findungskommission erst im September präsentieren – nach «Gesprächen mit allen Beteiligten», wie Markus Späth versprach. Wenn der Konflikt am Montag im Volkshaus angesprochen wurde, dann höchstens als konstruktive Auseinandersetzung. «Wir brauchen Mitglieder, die uns den Stachel im Füdli spüren lassen», sagte Daurù.
Geleitet – souverän und engagiert – wurde die Versammlung von der 32-jährigen Andrea Arezina, bekannt aus der Anti-USR-III-Kampagne. Sie bleibt SP-Vizepräsidentin mit gutem Draht zur Juso. «Es braucht mehr Grosszügigkeit», so ihr Slogan. Und sie versteht darunter den Umgang parteiintern, aber auch den Umgang mit Asylbewerbern, Schutzbedürftigen und Sans Papiers.
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