EU muss Budgetberatung abbrechen und vertagen
Einen ganzen Tag stritten in Brüssel EU-Mitgliedstaaten und Vertreter des Parlaments über den Gemeinschaftshaushalt für das kommende Jahr – ohne Erfolg. Am Dienstag muss das Budget stehen.

EU-Staaten und Europaparlament haben ihre Verhandlungen über den Haushalt 2013 auf kommenden Dienstag vertagt. «Die Unterschiede in den Positionen von Rat und Parlament waren zu weit auseinander, um Gespräche über Nacht fortzuführen», sagte der konservative Verhandlungsführer der Abgeordneten, Alain Lamassoure, zu den abgebrochenen Verhandlungen vom Freitag. Nun muss der neue Kompromissvorschlag der EU-Kommission geprüft werden.
Dieser sieht für 2012 einen Nachtragshaushalt von 8 statt bisher 9,5 Milliarden Euro vor. Für 2013 schlägt die Kommission Ausgaben von gut 134 Milliarden Euro vor. Zuvor waren noch Ausgaben in Höhe von 137 Milliarden Euro gefordert worden. Wenn es bis Dienstag nicht zu einer Einigung im Haushaltsstreit kommt, muss die EU-Kommission einen weiteren Vorschlag machen.
EU will Erdbebenhilfe für Italien bereitstellen
EU-Budgetkommissar Janusz Lewandowski verwies auf das aus seiner Sicht «eine positive Ergebnis» der Gespräche vom Freitag: Für die von einem Erdbeben heimgesuchte italienische Region Emilia-Romagna will die EU 670 Millionen Euro Hilfsgelder bereitstellen. Dies zeige, dass Solidarität ein Grundwert der EU bleibe, sagte Lewandowski. Die Kommission werde alles dafür tun, dass am Dienstag auch die Haushaltsfragen gelöst werden könnten.
Ein Problem dabei ist, dass aus Sicht der Kommission für 2012 noch 9,5 Milliarden Euro nachgeschossen werden müssen. Der Grossteil davon sind Rechnungen aus den Mitgliedsstaaten, die aus dem laufenden Haushalt nicht mehr beglichen werden können. Aus Sicht der Kommission und des Parlaments sollte darüber gar nicht gestritten werden. «Das ist wie in den Privathaushalten – wenn die Stromrechnung fällig wird, muss sie bezahlt werden», sagte ein Kommissionssprecher. Doch für die Nettozahler ist das keine Lappalie.
Erst Probleme mit aktuellem Haushalt lösen
Die Verhandlungen über das Budget für 2013 sind eine Art Ouvertüre für das Geschacher um den Gemeinschaftshaushalt für die Jahre 2014 bis 2020. Auf den sogenannten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) sollen sich Angela Merkel (CDU) und ihre Kollegen auf einem Sondergipfel am 22. und 23. November einigen. Dabei gibt es nicht nur Streit mit dem Parlament, sondern auch unter den Mitgliedsstaaten. Die Briten wollen den Haushalt einfrieren und drohen mit einem Veto. Viele Empfängerländer wollen dagegen eine deutliche Aufstockung.
Die SPD-Europaabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Jutta Haug, machte die EU-Staaten für die abgebrochenen Verhandlungen verantwortlich. Bei denen herrsche «Misstrauen und Uneinigkeit», erklärte Haug. Sie forderte, zuerst die Probleme mit dem laufenden Haushalt zu klären. «Sonst verschleppen wir die Probleme nur ins nächste Jahr. Und das ist unseriöses Handeln.»
Das EU-Parlament verlangt Ausgaben von knapp 138 Milliarden Euro, das wäre ein Plus von 6,8 Prozent gegenüber 2012. Die Regierungen, die auch zu Hause unter enormem Spardruck stehen, wollen die Ausgaben auf 133 Milliarden Euro begrenzen.
Begrenzung des Anstiegs
Insgesamt liegt die Differenz bei knapp 15 Milliarden Euro, weil aus Sicht der EU-Kommission für den Haushalt 2012 noch 9,5 Milliarden Euro nachgeschossen werden müssen. Der Grossteil davon sind Rechnungen aus den Mitgliedsstaaten, die aus dem laufenden Haushalt nicht mehr beglichen werden können.
Mehrere Regierungen - beispielsweise die deutsche, die finnische, die österreichische, die britische, die dänische und die spanische - machten klar, dass sie den Anstieg des Haushalts 2013 weiterhin auf auf maximal 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr begrenzen wollen. Dies liege bereits über der Inflationsrate. Die Begrenzung sei auch nötig, weil die Regierungen daheim erhebliche Budgetkürzungen durchsetzen müssten.
Warnung aus London
Grossbritannien schickte gar eine offene Warnung an seine Verhandlungspartner: «Je höher die Steigerung in diesem Jahresbudget ausfällt, desto geringer sind die Aussichten für eine Einigung auf den siebenjährigen Finanzrahmen bis 2020», sagte Greg Clark vom Finanzministerium in London am Rande der Gespräche über den EU-Haushalt 2013 in Brüssel.
Die britische Regierung und Frankreich haben mit einem Veto gedroht, sollte das Budget für 2014 bis 2020 ihre Interessen nicht ausreichend berücksichtigen. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen am 22. und 23. November auf einem Gipfeltreffen über die langfristige Verteilung der Mittel entscheiden.
Auch die zyprische Ratspräsidentschaft mahnte die Verhandlungspartner, die noch bevorstehenden Gespräche im Blick zu behalten: «Wenn wir jetzt in diesen Verhandlungen erfolgreich sind, schafft das eine bessere Atmosphäre für eine Annäherung und Einigung auf dem Gipfel», sagte Verhandlungsführer Andreas Mavroyiannis, stellvertretender EU-Minister.
Einigung bis Dienstag erforderlich
EU-Staaten und Parlament müssen sich bis Dienstag auf das detaillierte Zahlenwerk für das kommende Jahr einigen, sonst muss die Kommission für 2013 einen neuen Haushaltsentwurf vorlegen und die Verhandlungen beginnen von vorne.
AFP/dapd/kpn/mw
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