Evakuierungszone um Fukushima soll ausgeweitet werden
Behörden messen in immer grösseren Entfernungen zum Kraftwerk von Fukushima zu hohe Strahlenwerte. Nun erwägen sie abermals eine Vergrösserung der Sperrzone.
Japans Regierung erwägt, die Evakuierungszone rund um die Atomruine Fukushima erneut auszuweiten. Es werde demnächst ein Entscheid gefällt, sagte ein Regierungssprecher. Wegen der langfristigen Strahlenbelastung waren bereits zuvor Einwohner einiger Gemeinden ausserhalb der 20-Kilometer-Sperrzone um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima 1 zum Verlassen der Häuser aufgefordert worden.
In der 240 Kilometer von der Atomruine entfernten Hauptstadt Tokio begannen die Behörden mit umfassenden Strahlungsmessungen. Die Werte würden an 100 Orten in der Hauptstadt aufgezeichnet, teilten die Behörden mit.
Mütter forderten Messungen
Darunter seien Parks und Schulhöfe. Bislang war an nur einer Stelle gemessen worden. «Wir wurden von Müttern dazu aufgefordert, die sich Sorgen um die Gesundheit ihrer Kinder machen», sagte ein Behördensprecher zu den neuen Massnahmen. Die ersten Messergebnisse lagen im Normbereich.
Nach der Atomkatastrophe am 11. März waren die 13 Millionen Einwohner Tokios vorübergehend aufgefordert worden, Säuglingen kein Leitungswasser zu geben.
Verstrahlte Teeplantagen
Inzwischen sind auch in noch grösserer Entfernung von dem Atomkraftwerk unzulässig hohe Strahlenwerte nachgewiesen worden, zum Beispiel in Teeblättern.
Fünf Plantagen in Japans grösster Teeanbau-Provinz Shizuoka sollen den Verkauf radioaktiv belasteter Teeblätter stoppen. Sie wurden aufgefordert, freiwillig den Vertrieb der Blätter einzustellen und die bereits ausgelieferten zurückzurufen. Das gaben die lokalen Behörden bekannt. Bei Untersuchungen waren dort radioaktive Strahlen oberhalb der Grenzwerte gemessen worden.
Die Behörden hatten 20 Plantagen in dem Anbaugebiet Warashina, 370 Kilometer südwestlich von der Atomruine Fukushima, untersucht. In Warashina war vor kurzem in getrockneten Teeblättern radioaktives Cäsium festgestellt worden.
83'000 Tonnen Teeblätter
Grüner Tee aus Japan wird in aller Welt für seine gesundheitsfördernde Wirkung hoch geschätzt. Der Stadtpräsident der Provinzhauptstadt Shizuoka erklärte laut Medienberichten, er werde von der Zentralregierung in Tokio Schadenersatz verlangen.
Japan hatte im vergangenen Jahr 83'000 Tonnen an getrockneten Teeblättern produziert. Davon entfielen 40 Prozent auf die Provinz Shizuoka. Die lokalen Behörden wollen nun weitere Strahlenmessungen vornehmen.
Radioaktivität bei Walen gemessen
Indes haben Japanische Walfänger bei zwei im Pazifik getöteten Zwergwalen Spuren von Radioaktivität entdeckt. Die beiden kürzlich vor der japanischen Nordinsel Hokkaido gefangenen Wale wiesen 31 beziehungsweise 24,3 Becquerel radioaktiven Cäsiums pro Kilogramm auf, wie ein Fischereibeamter erklärte.
Grund sei möglicherweise der Unfall im Atomkraftwerk Fukushima. Die Radioaktivitätswerte lägen aber weit unter dem kürzlich in Japan festgelegten Grenzwert von 500 Becquerel pro Kilogramm. Zudem gebe es keine Vergleichsdaten, mit denen festgestellt werden könnte, ob die gemessenen Werte höher als normal seien. «Wir werden die Entwicklung weiter beobachten», fügte der Beamte hinzu.
Radioaktivität in der Nahrungskette
Seit dem schweren Erdbeben und anschliessendem Tsunami am 11. März strömt radioaktives Wasser in den Pazifik. Die japanische Bevölkerung und Experten sind deshalb besorgt, dass sich radioaktives Material in langlebigen Lebewesen der Nahrungskette im Meer ablagern könnte. Die Regierung hat den Fischfang nahe des AKW verboten, zudem werden regelmässige Proben bei Meeresfrüchten entnommen.
Japan tötet Wale nach eigenen Angaben zu Forschungszwecken. Nach Auffassung des Landes ist der Walfang eine jahrhundertealte Tradition. Das Walfleisch wird in Geschäften und Restaurants verkauft.
Arbeiten im Katastrophenwerk
In Fukushima selbst kämpfen die Behörden weiter darum, die Reaktoren unter Kontrolle zu bringen. Der Betreiber des Werks, Tepco, möchte am Freitag eine Anlage zur Dekontaminierung von hochgradig verseuchtem Wasser in Betrieb nehmen.
Statt immer neues Wasser in das AKW zu pumpen, soll das verseuchte Wasser rezikliert und zur weiteren Kühlung verwendet werden. Die verseuchte Brühe behindert die Arbeiten zur Instandsetzung der zerstörten Kühlsysteme des AKW.
Für kommenden Sonntag wollen Persönlichkeiten wie Literatur-Nobelpreisträger Kenzaburo Oe oder der Musiker Ryuichi Sakamoto 50'000 Menschen in Tokio zu einer Anti-Atom-Demonstration mobilisieren. An diesem Tag liegt der Beginn der Katastrophe genau 100 Tage zurück.
SDA/kpn
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