Corona verdirbt WeihnachtsessenEventbranche erlebt «richtigen Tsunami» an Absagen
Stornierte Weihnachtsfeiern bringen viele Veranstalter erneut um beträchtliche Einnahmen. Sie sind müde und verzweifelt. Die Politik hat ihre Not erkannt und verlängert wirtschaftliche Hilfen.

Egal, was der Bundesrat am Freitag entscheidet: Für alle Firmen, die ihr Geld mit Veranstaltungen erzielen, sind die Folgen der massiv steigenden Ansteckungszahlen bereits jetzt deutlich spürbar. «Es hagelt im Moment täglich Absagen und Verschiebungen – ein richtiger Tsunami», sagt Christoph Kamber. Der Präsident von Expo Event, dem schweizerischen Verband der Eventorganisationen, vertritt rund 180 Firmen, darunter Bühnenbautechniker, Konzert- und Theaterveranstalterinnen.
Dass etwa Swisscom, SBB, Coop oder Roche ihre Weihnachtsfeiern gestrichen haben – vor der Pandemie waren dazu jeweils bis zu 1500 Gäste eingeladen –, bringt Eventfirmen erneut um wesentliche Einnahmen. Laufend treffen Stornierungen ein.
Auftragsbücher plötzlich wieder leer
Nicolai Squara, Geschäftsführer von Jed Events in Zürich, sagt: «Wir hatten für den Dezember ursprünglich 39 Buchungen, davon übrig ist nun noch eine einzige. Und für Januar und Februar sind unsere Auftragsbücher unterdessen wieder leer: Alle Events wurden abgesagt.» Das auf Firmenevents spezialisierte Veranstaltungslokal verfügt über diverse Event- und Tagungsflächen, die zusammen Platz für rund 1000 Personen bieten.
Nicht nur Firmenanlässe, auch öffentliche Veranstaltungen stehen auf der Kippe. Sollte der Bund erneut eine Maskenpflicht einführen, werden noch mehr Besucherinnen und Besucher fernbleiben. Schon jetzt ist die reguläre Art-on-Ice-Ausgabe gestrichen. Die unter anderem im Hallenstadion Zürich gezeigte Show wird in der normalen Form erst 2023 wieder stattfinden. Stattdessen planen die Veranstalter sogenannte Dinnershows. Die Konzerte der Band Gotthard vom Dezember fallen ebenfalls aus.

«Wir hoffen, dass wenigstens das World Economic Forum 2022 stattfinden wird», sagt Christoph Kamber. Stand jetzt wird das für Mitte Januar in Davos geplante Forum durchgeführt. «Wir haben sehr solide Gesundheitsmassnahmen erarbeitet und werden die Vorbereitungen fortsetzen», sagte WEF-Medienchef Yann Zopf am Mittwoch. Das WEF wird die Situation weiterhin genau beobachten.
Eigentümer haben privates Geld investiert
Für das Hallenstadion bleibt es «eine sehr schwere Zeit, und das Ende ist nicht absehbar», wie Geschäftsführer Philipp Musshafen sagt. Dazu komme, dass seine Firma weder Härtefallgelder noch staatliche Unterstützungen aus dem Kulturbereich erhalte. «Ein grosses Glück ist die Regelung zur Kurzarbeit, diese hilft uns und den Mitarbeitenden sehr», sagt Musshafen.
«Unsere Geschäftstätigkeit ist noch meilenweit entfernt vom Vor-Corona-Niveau.»
Die Lage ist für viele Eventfirmen ernüchternd. «Wir sind langsam müde, und einige sind verzweifelt», sagt Expo-Event-Präsident Kamber. Er weiss von Beispielen, bei denen die Eigentümer privat Geld eingebracht hätten, um ihre Firma zu retten. Auch Kamber selbst hat «rund eine Viertelmillion» an Privatvermögen in seine in Rapperswil-Jona SG domizilierte Eventagentur Redspark eingeschossen. Nun wird es für all diese Unternehmer nochmals schwieriger werden, die Löhne und die Mieten zu bezahlen.
«Das Jahr 2020 war eine Katastrophe», sagt Kamber. «Und auch wenn in den letzten Monaten wieder einige Anlässe stattfinden konnten – unsere Geschäftstätigkeiten sind auch im laufenden Jahr noch meilenweit entfernt vom Vor-Corona-Niveau.»
6000 Jobs gingen verloren
Laut einer Befragung vom November, als die fünfte Welle noch kein Thema war, erwartete seine Branche für das Jahr 2021 einen Umsatz von rund 2,52 Milliarden Franken. Vor der Pandemie waren es mit 5,56 Milliarden Franken mehr als doppelt so viel. Seit Beginn der Krise seien bereits rund 6000 Jobs verloren gegangen.
Der Mangel an Arbeit zwingt Eventfirmen dazu, ihre Angestellten erneut in Kurzarbeit zu schicken. Doch es gibt ein Problem: So läuft das erleichterte Verfahren für Kurzarbeit eigentlich zum Jahreswechsel aus.
Staatliche Hilfe wird verlängert
Der Schutzschirm, mit dem der Bund Vorbereitungsarbeiten für grosse Veranstaltungen versichert, sollte ausserdem nur bis im April 2022 gelten.
Nun jedoch will das Parlament eine Verlängerung, um den betroffenen Branchen zu helfen. Bereits vergangene Woche hat sich die zuständige Kommission des Nationalrats – wie schon die Schwesterkommission im Ständerat zuvor – dafür ausgesprochen, die wirtschaftlichen Unterstützungsleistungen erst mal weiterlaufen zu lassen.
Nun folgte am Donnerstagmittag eine Mehrheit des Nationalrats dieser Idee. So soll der Schutzschirm verlängert werden, die Erleichterungen bei der Kurzarbeit ebenso. Die Argumentation dahinter: Das gibt den betroffenen Branchen in der weiterhin schwierigen Corona-Situation eine gewisse Planungssicherheit. Nun muss noch der Ständerat darüber befinden.
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