Anklage wegen MietwuchersEx-Besitzer der «Gammelhäuser» droht Strafe von 24 Monaten
Der Mann soll für schmuddlige Mini-Wohnungen von Drogenabhängigen und Randständigen überrissene Mieten verlangt haben. Am Mittwoch steht er vor Gericht.

Die drei Liegenschaften im Langstrassenquartier sorgten 2015 schweizweit für Schlagzeilen und erhielten den Übernamen «Gammelhäuser». Für kleine, spärlich ausgestattete Einzimmerwohnungen in oft miserablem Zustand verlangte der damals an der Goldküste wohnhafte Immobilienbesitzer über 1000 Franken Monatsmiete. Zu den Bewohnern gehörten sozial Schwache und Randständige. In etlichen Fällen wurde die Miete vom Sozialamt bezahlt.
Gewerbsmässiger Wucher lautet der schwerwiegendste Vorwurf, der dem mittlerweile 53-jährigen Schweizer in der Anklageschrift vorgeworfen wird. Die Verhandlung findet am kommenden Mittwoch am Bezirksgericht Zürich statt.
1,3 Millionen beschlagnahmt
Für den Unternehmensberater beantragt die Staatsanwaltschaft eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten. Hinzu kommen insgesamt hohe finanzielle Forderungen, so etwa Schadenersatz für die geprellten Mieterinnen und Mieter, Untersuchungs- und Verfahrenskosten sowie die Einziehung von zu Unrecht erzielten Gewinnen.
Gedeckt werden sollen die Ansprüche durch fast 1,3 Millionen Franken des Beschuldigten, die 2015 beschlagnahmt wurden. Der Anteil der überhöhten Mieteinnahmen beläuft sich laut Staatsanwaltschaft auf rund 750'000 Franken für den Zeitraum von August 2012 bis Oktober 2015.
Das Missverhältnis zwischen den bezahlten Mieten und den Mini-Wohnungen scheint offensichtlich. Diese waren in einem schlechten Zustand. Die teilweise nur etagenweise vorhandenen sanitären Anlagen beispielsweise waren von gesundheitsgefährdendem Schimmel befallen.
Mieten in bar eingezogen
Die in der Regel bar einkassierten Mieten wurden in vielen Fällen mit unzimperlichen Methoden eingefordert, was dem Beschuldigten zusätzlich den Vorwurf der Nötigung einbrachte. Eine gängige Methode war laut Anklageschrift, säumigen Mieterinnnen und Mietern den Austausch des Türschlosses anzudrohen, falls die Forderung nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt beglichen werde.
Der Besitzer der Liegenschaften ist nicht der einzige Beschuldigte in dem Verfahren. Ebenfalls angeklagt sind eine frühere Verwalterin sowie ein früherer Hauswart. Für sie fordert die Staatsanwaltschaft ebenfalls Freiheitsstrafen auf Bewährung.
Die Stadt Zürich hat die «Gammelhäuser» 2017 erworben und mittlerweile umfassend saniert.
Schwierige Beweisführung
Damit ein Vermieter wegen Wuchers verurteilt werden kann, müssen zwei Tatbestände erfüllt sein: Ein extremes Missverhältnis zwischen Leistung und Preis sowie eine persönliche Notlage der Mieter. Ersteres nachzuweisen, ist schwierig, Anklagen oder gar Verurteilungen wegen Mietwuchers sind deshalb sehr selten. Der letzte bekannte Fall, in dem ein Hausbesitzer in Zürich wegen gewerbsmässigen Wuchers verurteilt wurde, liegt mehr als 20 Jahre zurück. Der Mann besass zwei Liegenschaften in Höngg und Affoltern. Er vermietete die Zimmer – und zum Teil auch nur Betten – einzeln an Asylbewerber. Das Bezirksgericht befand, er habe die Notlage wenig integrierter Ausländer ausgenützt. Die Mieten von monatlich bis zu 500 Franken seien viel zu hoch – selbst wenn man ihm einen Aufschlag von 20 Prozent wegen erhöhten Verschleisses zugestehe. Es verurteilte den Hauseigentümer zu einem Jahr Zuchthaus bedingt und einer Busse von 5000 Franken.
SDA/an
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