Ex-Mitarbeiter warnen vor Facebook
Frühere Angestellte starten eine Kampagne, um vor Einfluss und Suchtgefahren zu warnen. Sie haben bereits sieben Millionen Dollar gesammelt.

Das vergangene Jahr war für Facebooks Image ziemlich hart. Im Heimatmarkt tat dem Unternehmen besonders die Diskussion um die Beeinflussung der Präsidentschaftswahl aus Russland weh. Doch auch dieses Jahr hat das soziale Netzwerk Probleme.
Mehr und mehr prominente Vertreter der eigenen Branche melden sich zu Wort und kritisieren Facebook scharf. Und nun hat sich sogar eine Gruppe von Mitarbeitern der ersten Stunde bei Facebook und Google gebildet, die gezielt gegen negative Auswirkungen sozialer Netzwerke und von Smartphones vorgehen wollen.
«Wir wissen, wie die Technik dahinter funktioniert.»
Sie nennt sich Center for Humane Technology, etwa: Zentrum für menschenfreundliche Technik, und hat bereits sieben Millionen Dollar für eine Kampagne namens «Die Wahrheit über Tech» gesammelt. Sie will Schüler, Lehrer und Eltern ansprechen. Der Gruppe, die mit der medienkritischen Non-Profit-Organisation Common Sense zusammenarbeitet, wurden ausserdem Sendezeit und Medienpräsenz im Wert von 50 Millionen Dollar zugesagt.
«Wir waren dabei», sagte Tristan Harris, der früher für die Firmenethik bei Google zuständig war, der «New York Times». «Wir wissen, was die Firmen erfassen. Wir wissen, wie sie reden und wie die Technik dahinter funktioniert.» Die grössten Supercomputer der Welt seien in den Händen zweier Unternehmen, Google und Facebook. «Und worauf setzen wir sie an? Auf die Hirne der Menschen, auf Kinder.»
Suchtgefahr wie bei Tabak
Der Zusammenschluss der Silicon-Valley-Veteranen ist nur die jüngste mehrerer kritischer Äusserungen in Bezug auf soziale Medien und extensive Smartphone-Nutzung. Erst kürzlich hatte der Chef des Firmensoftware-Herstellers Salesforce, Marc Benioff, gefordert, man solle Facebook behandeln wie die Tabakindustrie. Facebook mache süchtig, und es schade den Menschen. Apple-Chef Tim Cook bekannte, er wolle nicht, dass sein Neffe soziale Netzwerke benutze.
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Dem Center for Humane Technology haben sich prominente Mitglieder angeschlossen, wie etwa der frühere Facebook-Manager Justin Rosenstein, der den «Gefällt mir»-Knopf erfunden hat. Roger McNamee, einer der frühen Investoren bei Facebook, bereut es mittlerweile sehr, dass es unter anderem mit seinem Geld möglich wurde, so etwas wie das soziale Netzwerk zu schaffen: «Facebook spricht unser Reptilienhirn an – vor allem Furcht und Wut. Und mit den Smartphones haben sie einen ständig am Wickel, solange man wach ist.»
Als erstes konkretes Projekt will die Gruppe der Kritiker eine Website veröffentlichen, die schädliche Effekte verschiedener Technologien zeigen und Programmierern als Leitfaden dienen soll. Ausserdem will die Gruppe Lobbyarbeit betreiben mit dem Ziel, die Macht der grossen Digitalkonzerne zu beschränken. Dazu sollen Gesetzesvorhaben unterstützt werden wie etwa jenes des demokratischen Senators Edward J. Markey: Er will eine Untersuchung des Einflusses von Technik auf Kinder durchsetzen.
Kinderärzte warnen
Erst vor einigen Tagen hatten sich Kinderärzte und Psychologen mit der Forderung an Facebook gewandt, eine Chat-App wieder einzustellen, die sich an Kinder von sechs Jahren richtet. Der «Messenger Kids», den Eltern für ihre Kinder einrichten müssen, ziele auf eine verletzliche Gruppe, die von ihrer Entwicklung her nicht darauf vorbereitet sei, an einem sozialen Netzwerk teilzunehmen, heisst es im Schreiben an Facebook.
Auf die Zahlen von Facebook haben diese Aktionen aber bis jetzt keinen Einfluss. Das Unternehmen verdient prächtig mit Werbung. Den Zenit scheint Facebook aber hinter sich zu haben: Denn erstmals in der Geschichte der Firma ist die Zahl der täglich aktiven Nutzer in den USA und Kanada zurückgegangen. 184 Millionen Nordamerikaner nutzten Facebook im vierten Quartal einmal am Tag, im Quartal davor waren es noch 185 Millionen. Als Anzeichen für einen Niedergang taugt das freilich nicht. Ob es dazu kommt, hängt eher davon ab, ob Facebook eine strengere Regulierung vermeiden kann.
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