Exodus an der amerikanisch-mexikanischen Grenze
Mexikanische Drogenkartelle brennen in Dörfern Häuser und Kirchen nieder, um eine Massenflucht zu erzwingen.

Sie heissen «Hoffnung» und «Zukunft», die kleinen Dörfer Esperanza und El Porvenir an der Grenze Mexikos zu den Vereinigten Staaten. Doch beides haben die Bewohner dieser Gegend etwa 80 Kilometer östlich von Ciudad Juárez, die als eine der gefährlichsten Städte der Welt gilt, schon lange nicht mehr. Mexikanische Drogenkartelle brennen in den Ortschaften Häuser und Kirchen nieder, um eine Massenflucht zu erzwingen.
Und die Strategie der verbrannten Erde scheint aufzugehen. Zu Hunderten fliehen die Menschen vor den Schikanen der Drogenbanden, die die Bewohner mit kleinen Nachrichten einschüchtern. «Ihr habt nur ein paar Stunden, um zu verschwinden», lautete eine dieser Botschaften. Der 14-jährige Christian aus El Porvenir hat sie gelesen und macht sich mit seiner Familie nach Texas auf - in ein neues Leben. Auch andere beherzigen diese Drohungen. Wie ausgestorben wirkt das Dorf mit seinen ehemals 3'000 Seelen. Nur ein paar hundert Menschen harren noch aus.
Sinaloa-Kartell scheint hinter dem Exodus zu stecken
Hinter dem erzwungenen Exodus scheint das Sinaloa-Kartell zu stecken, der mächtigste Rauschgiftring Mexikos. Nach Verlautbarungen des US-Geheimdienstes hat die Gruppe nach zweijährigen blutigen Auseinandersetzungen mit dem verfeindeten Juárez-Kartell die Kontrolle über die einträglichen Transitrouten Richtung USA erlangt.
Seither will die Drogenbande um ihren Anführer Joaquín «El Chapo» Guzmán laut Experten den Anwohnern des Tals an der Grenze zeigen, wer das Sagen hat. Die Region eignet sich wegen ihrer kilometerlangen, kaum patrouillierten Schotterstrassen besonders gut zum Drogenschmuggel, zumal das Flussbett des Rio Grande hier stellenweise nahezu ausgetrocknet ist. Vor kurzem erst nahmen mexikanische Soldaten vier Männer unter dem Vorwurf fest, 20 Häuser angezündet zu haben. Laut Militär hatten alle vier mutmasslichen Brandstifter Verbindungen zur Sinaloa-Bande.
Drogenkartelle nehmen zunehmend auch Behörden ins Visier
Doch die Drogenkartelle bekriegen sich nicht nur untereinander oder verbreiten Angst und Schrecken unter Dorfbewohnern. Zunehmend geraten auch staatliche Stellen ins Visier der Banden. «In den vergangenen Wochen hat sich die Gewaltdynamik verändert.
Die Verbrecher haben sich entschlossen, die Obrigkeiten direkt zu konfrontieren und anzugreifen», sagte Innenminister Fernandez Gómez-Mont auf einer Pressekonferenz. Allein am Freitag und Samstag vergangener Woche kamen zwölf Menschen bei Überfällen auf Regierungsvertreter und Sicherheitskräfte ums Leben, darunter sieben Polizeibeamte, aber auch unbeteiligte Zivilpersonen.
Ein endloser Krieg
Seit sich Präsident Felipe Calderón im Dezember 2006 entschlossen hat, hart gegen die Rauschgiftbanden vorzugehen, sind laut offiziellen Angaben mindestens 22'700 Menschen dem Drogenkrieg zum Opfer gefallen.
Die USA unterstützt die Offensive Calderóns mit Helikoptern, Hunden und Überwachungsausrüstung: 1,3 Milliarden Dollar sind im Rahmen der sogenannten Mérida-Initiative bereits geflossen. Gómez-Mont meint: «Das ist sicherlich kein kleiner Betrag, aber lange nicht ausreichend.»
ddp
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