Explodierter Zug geriet ohne Lok ins Rollen
Noch immer ist unklar, warum sich im kanadischen Lac-Mégantic mit Rohöl beladene Waggons selbstständig machten und explodierten. Der Lokführer hatte den Zug am Ende seiner Schicht abgestellt.
Bei dem verheerenden Zugunglück in Kanada sind die Waggons mit Rohöl nach Medienberichten von allein ins Rollen gekommen. Der unbemannte Zug habe am Samstag auf einem Hügel gestanden und sei ohne Lok ausser Kontrolle geraten.
Dies berichten «The Vancouver Sun» und die «Montreal Gazette» unter Berufung auf die Bahnbetreiber. Der Lokführer habe den Zug am Ende seiner Schicht abgestellt und sowohl die Bremsen als auch die Ladung kontrolliert, bevor er in einem Hotel eincheckte.
Nach dem Unglück wurden bisher fünf Leichen gefunden, wie die Polizei der Provinz Québec am Sonntag mitteilte. Nach Feuerwehrangaben gelten mindestens 80 Personen als vermisst. Die Lage im Katastrophengebiet war völlig unübersichtlich.
Bergung geht nur langsam voran
Allein 50 Menschen hätten sich zum Unglückszeitpunkt in einer Bar am Unfallort befunden, sagte ein Feuerwehrmann. Von der Gaststätte sei nun «nichts mehr übrig».
Wegen des Flammeninfernos und der Explosionsgefahr gingen die Bergungsarbeiten auch nach vielen Stunden nur langsam voran, ein Drittel der 6000 Ortseinwohner wurde in Sicherheit gebracht.
Den kanadischen Behörden zufolge bestand der Tankzug aus fünf Lokomotiven und 72 mit je 100 Tonnen Rohöl beladenen Waggons, von denen später mindestens vier explodierten.
«Das Stadtzentrum ist zerstört»
Laut dem Bahnunternehmen Montreal Maine & Atlantic hatte der Zug zunächst wegen eines Personalwechsels im 13 Kilometer entfernten Nachbarort Nantes gehalten. Trotz gezogener Bremsen sei er dann kurz nach Mitternacht plötzlich ohne Lokführer die abschüssigen Gleise hinunter nach Lac-Mégantic gerollt, das rund 250 Kilometer östlich der Metropole Montreal liegt.
Die Bahnbetreiber können sich die Unfallursache nicht erklären. Es gebe zahlreiche Sicherungssysteme für Bremsen und Kupplungen, hiess es von ihrer Seite.
Zeugen berichteten von mindestens sechs Explosionen und einem riesigen Feuerball über der Ortschaft, wo der führerlose Zug schliesslich entgleiste. Etwa 40 Gebäude wurden massiv beschädigt, von manchen blieben nicht einmal die Grundmauern übrig.
«Das Stadtzentrum ist zerstört», konstatierte die Premierministerin der betroffenen Provinz Québec, Pauline Marois. Rund 150 Feuerwehrleute waren im Einsatz, darunter einige aus dem nahe gelegenen US-Bundesstaat Maine. Das Feuer wurde erst am Sonntagmorgen gelöscht.
«Überall war Feuer»
«Als wir aus einer Bar kamen, sahen wir Waggons in vollem Tempo in das Dorfzentrum rasen», berichtete Yvon Rosa im Sender Radio-Canada. «Dann sahen wir Funken springen, hörten Lärm und mehrere Explosionen. Überall war Feuer, wir sind bis ans Wasser gerannt.»
Etwa zehn Waggons konnten laut dem Katastrophenschutz gesichert und vom restlichen Unglückskonvoi abgetrennt werden. Ein Team der Behörde für Verkehrssicherheit begann vor Ort mit den Ermittlungen.
Kanadas Premierminister Stephen Harper äusserte sich schockiert: «Es ist leider klar, dass es den Verlust von Menschenleben gegeben hat, auch wenn wir das genaue Ausmass noch nicht kennen.» Harper sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und versicherte Québec jede notwendige Hilfe der Zentralregierung.
SDA/fko
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