Facebook kauft sich die eigene Zukunft
Eine Milliarde Dollar für eine knapp zwei Jahre alte Firma, die kein Geschäftsmodell hat: Warum kauft Facebook Instagram? Zuerst einmal, um einen gefährlichen Konkurrenten auszuschalten.
Wenige Wochen vor dem erwarteten Börsengang sorgt Mark Zuckerberg für einen Coup: Wie der Facebook-Gründer heute bekannt gab, kauft seine Firma für 1 Milliarde Dollar den Fotosharing-Dienst Instagram. «Das ist ein wichtiger Meilenstein für Facebook, weil wir erstmals ein Produkt und ein Unternehmen mit so vielen Nutzern gekauft haben», schrieb Zuckerberg auf seiner Facebook-Seite.
Alles klar? Die essentiellen Fragen, die der Deal aufwirft, beantwortet Zuckerbergs Mitteilung natürlich nicht. Warum kauft das erfolgreichste soziale Netzwerk einen Dienst, der noch nicht einmal zwei Jahre alt ist – und dies zum doppelten Preis, auf den Instagram von Investoren geschätzt wird? Was sagt das über Facebook aus?
Rasantes Wachstum
Der Erfolg von Instagram ist nur der offensichtlichste Grund von mehreren. Instagram wuchs in den vergangenen 10 Monaten rekordverdächtig: Von fünf Millionen auf derzeit rund 30 Millionen Nutzer. Die Android-App des Dienstes gibt es seit einer Woche – in den ersten zwölf Stunden registrierten sich eine Million neue User. Instagram ist der neue Stern am Himmel über Silicon Valley.
Wer mehr über die Gründe für den Kauf erfahren will, muss zwischen den Zeilen lesen. Und zwar in Mark Zuckerbergs Post zu dem Deal: «Viele weitere Käufe dieser Art planen wir, wenn überhaupt, nicht mehr. Aber einer der Gründe, warum so viele Leute Facebook lieben, ist das Teilen von Fotos. Wir wussten, es ist es wert, diese beiden Firmen zusammenzubringen.»
«Facebooks Achillesverse gefunden»
Das heisst nichts anderes als: Instagrams Erfolg wurde Zuckerberg langsam aber sicher unheimlich. Die «Facebook-Erfahrung» lebt vom Bilder-Upload. Istagram habe «Facebooks Achillesverse gefunden und angegriffen», schreibt der Branchenkenner Om Malik auf seinem Blog. Damit meint er die Entwicklung hin zum mobilen Gebrauch von Social Media, die Facebook verschlafen habe. Facebook ist noch immer stark von seiner Herkunft geprägt. Die Nutzung sei wenig intuitiv und orientiere sich am Desktop-PC statt an Smartphones.
Jenna Wortham, Tech-Bloggerin bei der «New York Times» (NYT), stösst ins gleiche Horn: Der Kauf von Instagram «könnte Facebooks Position bei der Nutzung auf mobilen Geräten stärken». Denn dabei, so eine Analystin gegenüber dem Bitsblog der NYT, spielten Bilder eine grosse Rolle: «Es ist viel einfacher, sein Facebook-Profil unterwegs mit Schnappschüssen zu aktualisieren als mit Text.»
«Nach dem Börsengang wird Facebook in der Position sein, aggressiv aufzutreten. Sie können dafür sorgen, dass sich ihnen niemand in den Weg stellt und jeden kaufen, der ihnen Probleme bereitet», sagt ein Analyst der Agentur DAPD. Mit dem Kauf von Instagram habe Facebook nicht nur einen potenziellen Konkurrenten aus dem Weg geräumt, sondern sich auch eine Technologie «mit wahnsinniger Zugkraft» verschafft.
Kaufen statt selber machen
Wie der Bits Blog der NYT im vergangenen Jahr berichtete, verfolgte Facebook eine Zeit lang sogar eigene Pläne für Photofilter, wie sie Instagram anbietet und die für den Erfolg wesentlich mitverantwortlich sind. Stattdessen hat sich Facebook nun entschieden, die Konkurrenz kurzerhand zu schlucken.
Offenbar hat Mark Zucherberg schon länger ein Auge auf Instagram geworfen. Bereits Anfangs 2011 soll er den Gründern ein Angebot gemacht haben, das diese jedoch ausschlugen. Eine Milliarde Dollar in Cash und Facebook-Aktien scheinen ihre Wirkung aber nicht verfehlt zu haben. Schneidet Facebook bei seinem geplanten Börsengang gut ab – was allgemein erwartet wird – spült dies noch mehr Geld in die Taschen der Instagram-Gründer und deren Investoren.
Wirtschaftliche Symbiose
Instagram und Facebook stehen sich wirtschaftlich gesehen sogar symbiotisch gegenüber: Instagram hat etwas, das die Leute mit Leidenschaft betreiben und das sie in Scharen anzieht. Facebook, dessen Magie mittlerweile etwas verflogen ist, hat Vermaktungsstrategien für die Millionen von Fotos, die Nutzer jeden Tag auf ihre Profile laden.
Bisher setzte Instagram kaum etwas um. Man sprach zwar darüber, Unternehmen und Marken für gesponserte Fotos bezahlen zu lassen, die sie in den Bilder-Strom einschleusen dürften. Konkrete Pläne gibt es aber bisher nicht.
Datenkrake wie Facebook
Leisten kann sich Facebook das Social-Media-Wunder allemal – der Börsengang könnte Analysten zufolge um die 100 Milliarden in die Kassen des Unternehmens spülen. Und Zuckerberg wird sich gedacht haben: Lieber 1 Milliarde aufwerfen, als Instagram an Konkurrenten wie Google verlieren.
Und auch in einer anderen Beziehung macht der Kauf durchaus Sinn: Instagram ist, genau wie Facebook, eine regelrechte Datenkrake. Wie im Februar bekannt wurde, gehört die App zu jenen, die sich komplette Adressbücher mit sämtlichen Kontaktdaten von den Smartphones der User auf die eigenen Server herunterladen.
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