Familie Biber fühlt sich in Zürich heimisch
Der Kanton Zürich zählt fast 400 Biber. Das einzige Pärchen, das in der Stadt lebt, hat Nachwuchs bekommen.

«Ich stand mit meiner Kamera am Ufer der Limmat, und da schwamm doch tatsächlich eine Bibermutter mit ihren zwei Jungtieren vorbei», erzählt Martin Zahnd, dessen Hobby seit über 35 Jahren die Naturfotografie ist. Der Zürcher drückte sofort ab und hielt den Moment fest. «Es gibt hier jeden Abend interessierte Leute, die vorbeikommen und schauen, ob sie den Bibernachwuchs sehen», sagt er. Die zwei Jungen stammen von den Bibern, die auf der rechten Seite der Limmat zwischen Hardeggsteg und Europabrücke leben. Zahnd: «Die beste Zeit, die ganze Biberfamilie zu sehen, ist abends in der Dämmerung. Manchmal sieht man sie auch frühmorgens.»
Urs Wegmann, Leiter der Biberfachstelle des Kantons Zürich, ist nicht überrascht. Denn bei ihm haben sich in den vergangenen Tagen diverse Leute gemeldet, um über die jungen Biber zu beberichten. «Im Gebiet Werdinsel/Europabrücke leben zwei Biber, die offensichtlich Nachwuchs bekommen haben», sagt Wegmann, der die Jungtiere selber noch nicht gesehen hat.
Da sich Biber jeweils im Januar und Februar paaren und die Jungen ungefähr nach dreieinhalb Monaten zur Welt kommen, ist laut Wegmann die Chance gross, dass es tatsächlich auf Stadtgebiet Bibernachwuchs gegeben hat. Das Biberrevier in Höngg sei das einzige in der Stadt und mindestens seit 2016 besetzt. Weitere stadtnahe Reviere befinden sich an der Glatt in Wangen-Brüttisellen und an der Limmat in Dietikon.
Distanz zum Biber einhalten
Gemäss dem Fachmann leben Altbiber mit ihren Jungen in einem Biberbau. «Junge Biber sind bei der Geburt wasserscheu, aber die Mutter stösst sie schnell ins Wasser, damit sie sich so früh wie möglich ans nasse Element gewöhnen können.» Nach ungefähr zwei Jahren, in denen sie von den Eltern viel fürs Überleben in der Natur lernen, ist der Nachwuchs geschlechtsreif und wird aus dem Revier vertrieben. Dann gründen die Jungen ein eigenes Revier. Dieses kann durchaus in der Nähe der Eltern liegen. Ausschlaggebend ist das Nahrungsangebot. Im Winter tun sie sich an Bäumen und Sträuchern gütlich, im Sommer fressen sie vor allem Schilf, Gräser und Blätter, aber auch Zuckerrüben und Mais.
Biber bilden ihre Reviere auch neben Autobahnen oder gerne in beliebten Naherholungsgebieten.
Wer die Biberfamilie an der Limmat beobachten will, sollte vorsichtig sein, rät Urs Wegmann. «Eine Distanz von 10 bis 20 Metern zu einem Biber ist zu empfehlen.» Wer einen Hund dabeihat, sollte diesen an die Leine nehmen. Obwohl die Nager mit ihrem herzigen Aussehen zum Streicheln einladen, rät Wegmann unbedingt davon ab. Der Biber ist ein Wildtier, der im ausgewachsenen Zustand 25 Kilogramm wiegt und sich durchaus zu wehren weiss, wenn er in die Enge getrieben wird.
Tiere stammen aus dem Aargau
Noch ist ein Biber auf Stadtgebiet eine Seltenheit, aber dies wird sich ändern. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass diejenigen in der Stadt Zürich aus dem Kanton Aargau stammen. Die Reviere am Unterlauf der Aare sind besetzt. Junge Tiere besiedeln deshalb den Flusslauf Richtung Zürich nach und nach, was Experten schon vor vier Jahren prognostizierten. Im Frühling 2016 wurde auf der Zürcher Werdinsel erstmals das Auftauchen eines Bibers gemeldet. Dass sich die Biber immer mehr Richtung Stadt vorwagen, ist für Urs Wegmann keine Überraschung: «Sie bilden ihre Reviere auch neben Autobahnen oder in beliebten Naherholungsgebieten.»
Der scheue Nager sei in der Schweiz einst völlig ausgerottet gewesen. Um ihn wieder anzusiedeln, wurden bis in die 70er-Jahre 141 Tiere ausgesetzt, einige davon auch im Kanton Zürich. «Aktuell hat sich der Bestand gut erholt und ist schweizweit auf 2800 Tiere gestiegen», führt Wegmann aus. Im Kanton Zürich leben gemäss aktuellen Zählungen 394 Biber in rund 106 Revieren. Pro Jahr vergrössert sich der Bestand um ungefähr 8 Prozent.
Der Biberexperte weist darauf hin, dass vor allem im Norden des Kantons Zürich die besten Reviere mittlerweile besetzt seien. Eine starke Zunahme erfolge aktuell dagegen im Einzugsgebiet der Glatt und entlang der Reuss, der Limmat und der Töss.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch