Federers Superjahr im Vergleich
Preisgeld, Matchbilanz, Titel: Das Tennis-Jahr 2017 des Schweizers in Infografiken.
Die spektakuläre Eröffnungsshow am Saisonfinale in North Greenwich gehört zu den Höhepunkten des Tennisjahrs. Neben den Lichteffekten ist auch der Sound gut gewählt – selbst textmässig. Dieses Jahr schepperten etwa die Songs «Play God» und «Human» durch die 02-Arena, während sich Roger Federer und seine Gegner vorbereiteten. Der eine oder andere mochte sich gefragt haben, ob Federer wohl einmal mehr wie ein Gott aufspielen würde.
Als für den achtfachen Wimbledonsieger der letzte Vorhang gefallen war, stand die Antwort fest. Sie lag im Song von Rag 'n' Bone Man verborgen, in der Zeile «I'm only human, after all» – ich bin letztlich doch nur ein Mensch.
Das Spiel zu viel
Das letzte Turnier seiner Traumsaison holte Federer wieder auf die Erde zurück, es brachte das Ende einer Siegesserie von 13 Partien und eine der wenigen grösseren Enttäuschungen seines Jahres, etwa neben der Rückenverletzung vor Cincinnati und dem US Open. So göttlich er seine Comebacksaison 2017 begonnen hatte, so menschlich ging sie zu Ende.

Es war eine Reihe von Gründen, die zu diesem 6:2, 3:6, 4:6 gegen David Goffin führten; einen Gegner, der in den sechs vorangegangenen Duellen einer tieferen Gewichtsklasse anzugehören schien. Federer hatte sich schon in den gewonnenen drei Gruppenspielen schwergetan mit Bällen, Belag und Timing. Und als Goffin sich im zweiten Satz markant steigern konnte, war er nicht gewappnet, traten seine Schwierigkeiten voll zutage und zeigte sich, dass er mental auch nicht mehr allzu frisch war. Letztlich ändert aber auch die fünfte Niederlage nichts daran, dass hinter ihm ein phänomenales Jahr liegt; eines, das selbst er so nicht erwartet hatte.
Obwohl Federer neben dem Hopman- und dem Laver-Cup nur zwölf offizielle Turniere bestritt, sammelte er erstmals seit zehn Jahren wieder mindestens sieben Titel, und er holte sich am Australian Open und in Wimbledon seine Grand-Slam-Trophäen 18 und 19. Er gewann 52 seiner 57 Partien, womit er erst zum vierten Mal (nach 2004/05/06) eine Siegesquote von über 90 Prozent erreichte. Dabei übertrieb er nicht einmal, als er resümierte, die fünf Niederlagen wären eigentlich alle vermeidbar gewesen (gegen Donskoi, Haas, Zverev, Del Potro, und Goffin).
Angesichts seines fortgeschrittenen Alters war 2017 für Federer sogar mehr als ein Traumjahr. Es brachte ihm die erlösende Bestätigung, dass er und sein Team auch in den erfolgloseren Jahren zuvor viele richtige Entscheidungen getroffen hatten und sich nichts vormachten, als sie beharrlich die Meinung vertraten, Federer sei weiterhin zu Majorsiegen fähig – während der letzte (Wimbledon 2012) in immer weitere Ferne rückte. Was das Preisgeld betrifft, erreichte er mit 13,3 Millionen Dollar sogar einen klaren persönlichen Rekord.
Wichtiger für ihn und seine Anhänger aber ist, dass er – abgesehen von den Rückenproblemen – heil durch das Jahr kam und weiter keine Sättigungstendenzen oder Rücktrittsgedanken erkennen lässt. Sein Enthusiasmus ist ungebrochen, schon jetzt scheint er dem Australian Open entgegenzufiebern. Vorher aber gönnt er sich zwei Wochen Ferien, ehe er im Dezember in Dubai die neue Saison vorbereitet, die für ihn bereits am 30. Dezember am Hopman-Cup in Perth beginnt.
Vom Jäger zum Gejagten
Federer ist sich bewusst, dass 2018 mit einer ganz anderen Ausgangslage beginnen wird als 2017. Dann werden er und Nadal die Gejagten sein und nicht mehr die Jäger, und zum Pulk der Verfolger dürften sich nach und nach die vielen Topspieler gesellen, die in verletzt ausgefallen sind, allen voran Novak Djokovic, Andy Murray und Stan Wawrinka. Und schon in Melbourne, Indian Wells und Miami muss Federer drei Titel und 4000 Punkte verteidigen.
Weil die Comebackspieler, zu denen auch Raonic, Berdych oder Nishikori gehören, in der Weltrangliste dieses Jahr teilweise weit zurückgefallen sind, wird das neue Jahr spannende Auslosungen bringen mit ungewohnten Schlagerpartien in frühen Runden. Dabei dürfte auch den verletzten Kollegen nicht entgangen sein, dass Federer wie auch Nadal (der wieder an Knieproblemen leidet), letztlich auch nur Menschen sind. Trotz aller Erfolge in diesem Jahr zeigten auch sie Schwächen. Diese Erkenntnis dürfte die Konkurrenten auf dem Weg zum Comeback noch härter arbeiten lassen. Dimitrov gewinnt das Finale, Seite 25
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch