Fehlstart für Mr. Euro
Der Fall Zypern war Jeroen Dijsselbloems erste Bewährungsprobe als Krisenmanager. Prompt trat der neue Eurogruppenchef mehrmals ins Fettnäpfchen.

Auch am Tag nach dem Beschluss des Zypern-Pakets kommt die Börse nicht vom Fleck. Indizes aus Italien (–1,0 Prozent) und Spanien (–1,8 Prozent) gaben nach, Banktitel wie jene der Unicredit tauchten ab (–2,0 Prozent) – dies nachdem besagte Papiere schon gestern über sechs Prozent eingebüsst hatten. Einen Tag nachdem Zypern und die EU den Untergang der zypriotischen Laiki-Bank besiegelt haben, dreht sich alles um die Frage, wer bei der möglichen Restrukturierung anderer Krisenbanken in Europa künftig zur Kasse gebeten wird.
Mitten im Marktgeschehen: Jeroen Dijsselbloem. Dem niederländischen Finanzminister und neuen Chef der Eurogruppe kommt dieser Tage die Aufgabe zu, die Politik der Euroretter zu koordinieren und nach aussen zu vertreten. Ein undankbarer Job. Nicht nur, weil er per se mit wenig Macht verbunden ist: Dijsselbloem muss die Meinung von 17 verschiedenen Eurostaatschefs und ebenso vielen Finanzministern zu einer kohärenten Linie formen. Er muss das Ergebnis zudem überzeugend gegenüber Medien und Märkten erklären können. Beides gelang dem in drei Tagen 47-jährigen Sozialdemokraten zuletzt mehr schlecht als recht.
Die D-Bombe
Erst schreckten die Minister am vergangenen Samstag die Öffentlichkeit mit der Ankündigung auf, Gelder von zypriotischen Kleinsparern zur Staatsrettung beiziehen zu wollen. Es folgte ein einwöchiges Tauziehen um die Modalitäten des Plans. Gestern schien bereits Ruhe eingekehrt, bevor sich Dijsselbloem in einem von der «Financial Times» und Reuters geführten Interview noch einmal zu Wort meldete. Dort äusserte sich der Holländer zur künftigen Restrukturierungspolitik – und liess dabei wenig Zweifel offen, dass fehlendes Geld primär bei den Banken selbst und ihren Gläubigern zu holen sei.
Bei Reuters verkaufte man später das Interview unter der Schlagzeile, die Eurozone sehe in Zypern eine Art Blaupause für ihr künftiges Krisenmanagement. Was aufgeschreckte Börsen und erregte Expertenkommentare nach sich zog: Dijsselbloems «U-Turn» verursache Chaos auf den Märkten, titelte etwa der englische «Guardian». Auf Twitter machte das Wort von der «D-Bombe» die Runde. «Herr Dijsselbloem hat da etwas Falsches gesagt», ärgerte sich EZB-Mitglied Benoît Cœuré im Radio. Da half auch das Dementi wenig, das Dijsselbloems Medienabteilung später veröffentlichte: Zypern sei ein spezifischer Fall.
Exempel oder Einzelfall?
So fand sich Dijsselbloem nach einer unglücklich verlaufenen Woche erneut im medialen Kreuzfeuer. Und erntete durch ein Interview im holländischen Fernsehen zusätzlich Spott: Dort sagte Dijsselbloem, er wisse nicht einmal genau, was das englische Wort «template» (Blaupause) genau bedeute – und habe es folglich im Zusammenhang mit der Zypern-Rettung auch nicht gebraucht. Mal ist Zypern ein Einzelfall, mal ein Exempel für den Umgang mit maroden Staaten und deren Banken: In Zeiten, in denen die Nerven von Brüssel bis Nikosia blank liegen, müsste der Eurogruppenchef eigentlich keine Zweifel über seine Äusserungen zulassen.
Bei seinem ersten Ernstfall hat Krisenkommunikator Jeroen Dijsselbloem nicht brilliert. Bedauerlich ist dies, weil die Linie der Troika bezüglich der Bankenrestrukturierung eigentlich in die richtige Richtung geht: Nicht mehr die Steuerzahler sollen für Bankschulden aufkommen, wie dies in Irland noch der Fall war, sondern diejenigen Geschäftspartner, die sich mit den Banken selbst eingelassen haben. Genau diese Möglichkeit sieht der einheitliche Restrukturierungsmechanismus vor, den Europa als Teil seiner entstehenden Bankenunion kreieren will. Bis dahin kann es gar nicht schnell genug gehen.
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