Der Ukraine-Krieg und die Basler FasnachtFeiern mit Putin im Hinterkopf
Die Geschehnisse in der Ukraine überschatten die Fasnacht zwar nicht komplett, trotzdem werden viele kleine Zeichen gesetzt, die daran erinnern.

«Nid nur Metzger hänn Bluet an de Händ …» steht auf der Schürze des Tambourmajors der Rhygwäggi. Seine Kopfbedeckung und die Zugsblaggedde zieren grosse Schleifen in den Farben der Ukraine. Hinter und vor ihm trommeln und pfeifen blutverschmierte Schafe, die finden «Määh sött!», die aber trotzdem – ohne etwas zu unternehmen – ins Verderben laufen. «Määh sött» hätte eigentlich schon 2020 das Sujet des Rhygwäggi-Stamms werden sollen: «Jetzt hat es mit dem Ukraine-Konflikt traurige Aktualität erhalten», sagt Tambourmajor Thomas. Für die Rhygwäggi sei völlig klar gewesen, dass sie trotz Krieg Fasnacht machen wollten: «Putin hat schon viel zu viel Einfluss auf das Leben von viel zu vielen Menschen. Es ist wichtig, sich das nicht nehmen zu lassen.» Mit den blau-gelben Schleifen will die Clique zeigen, dass sie das Leid der betroffenen Menschen nicht kaltlasse.

Die Tatenlosigkeit kommt auch im Vers der Basler Rolli zum Ausdruck.
Uns juggts, well mer gsehn, wie d Ärde
verreggt.
Uns juggts, well mer merge, dass nyt sich
beweggt.
Uns juggts, well mer spyyre: Es isch scho
fascht zspoot.
Uns juggts, well mer Angscht hänn, ass
trotzdemm nyt goht.
Die Junte (Röcke) der Junte vo dr Alte Richtig sind ganz in den Farben Blau und Gelb. Allerdings haben diese nichts mit der Ukraine zu tun. Die Junte sind Schweizer Gardistinnen. Cliquenmitglied Annatina steckt sich deshalb zusätzlich noch eine blau-gelbe Schleife ans Kostüm. Weshalb? «Ich schäme mich, dass ich Fasnacht mache, wie wenn nichts wäre», sagt sie und fügt an: «Es ist ein Alibi. Aber immerhin zeige ich, dass ich daran denke.»

Immer wieder sieht man Blaggedde, die individuell mit blau-gelben Schleifen oder Stoff ergänzt wurden. Auch Ruedi und Elisabeth tragen eine solche auf ihrem Kostüm: «Etwas muss man doch machen. Die Fasnacht ist nicht nur da, um blöd zu tun, sondern auch, um eine Botschaft zu vermitteln», sagt Ruedi.

Dürfen wir Fasnacht machen, wenn in der Ukraine Krieg herrscht? Diese Frage warf auch das Fasnachts-Comité vor einer Woche auf – und gab auch gleich die Antwort: «In schwierigen Zeiten ist die Fasnacht besonders wichtig und nötig.» Denn «für viele ist es gerade in solchen Zeiten wichtig, dass sie mit ihrem Spott den Mächtigen den Spiegel vorhalten und Ungerechtigkeiten benennen können. Die Fasnacht hat einen Ventilcharakter, alles, was uns unter den Nägeln brennt, wird angesprochen.» Eine Besonderheit der Basler Fasnacht sei, dass sie dies mit feiner Klinge tue.
Die Unmoralische kommen jedoch ohne Umschweife auf den Punkt. Auf ihrem von Velos gezogenen Wagen zielt eine Rakete Namens Satan 2 direkt auf das blanke Hinterteil des russischen Präsidenten. Auf dem Geschoss steht das Wortspiel «PUT IN» (deutsch: Stecks hinein).

Etwas versöhnlicher sieht die zweite Seite des Wagens aus. «Hier vermischt sich der FCB mit der Ukraine», sagt Sämi von Die Unmoralische. Die Botschaft des Waggis mit einem gelb-blauen Herzen: «Es git immer Hoffnig!»

Die OnYva-Clique nimmt nicht nur Putin, sondern auch Trump auf die Schippe:
Als Presidänt und politische Gloon
Gheert Irrsinn scho zem guete Doon.
Wenn als dr Trump dr Putin trifft:
Daile sy sich dr Lippestift!
Die Châlet-Rueche fallen in ihren grossen, vollkommen blau-gelben Minion-Kostümen sofort auf. «Die Farben sind Zufall. Wir sind aber trotzdem Sympathisanten und stehen jetzt voll dahinter», sagen die Châlet-Rueche. Jetzt falle man halt nicht mehr wegen der grossen Köpfe, sondern wegen der Farben auf.

Bleibt die Frage: Hat der Ukraine-Konflikt die Basler Fasnacht vollkommen überschattet? Nach einem Nachmittag im Fasnachtsgetümmel kann man klar sagen: nein. Die Thematik tauchte überraschend wenig sichtbar auf. Trotzdem wurden an Blaggedde und Kostümen, in Versen, Sprüchen, auf Laternen und Wagen viele kleine Zeichen gesetzt. Wie auch mit jenem Vers der Wagenclique Die Unentschlossene, der perfekt an das Ende dieses Artikels passt.
An dääre Stell sott aine stoo,
e gscheite Värs – mit Witz und so,
wo dämm Putin uff charmanti Art
ganz gheerig an dr Karre fahrt.
Nur macht my die Gschicht so sauverruggd,
assa s mir bim Schryybe s Härz abdruggt.
Drumm blybt dä Värs zem Schluss e ganz gly mied:
Wott aifach e Wält ganz ohni Krieg!

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