Forsters Kampf gegen die Bieler Bescheidenheit
Der EHC Biel will in seinem zehnten NLA-Jahr seit dem Wiederaufstieg nicht mehr der sympathische Underdog sein. Neuzuzug Beat Forster verkörpert das neue Selbstvertrauen. Er spricht gar vom Meistertitel: «Weil das immer mein Ziel ist.»

Warum landet mit Beat Forster einer der besten Schweizer Verteidiger der letzten Jahre beim EHC Biel? Der zwar bereits 34 Jahre alt ist, aber in der Offensive die zweitproduktivste Saison der Karriere hinter sich hat. Und darum den Bieler Sportchef Martin Steinegger frohlocken lässt: «Seit wir im Februar einig wurden, spürte ich Vorfreude. Ich bin sehr glücklich, dass Beat für uns spielen wird.»
Aber eben: Warum? Am Anfang war eine Klausel. Als Forster im Februar 2015 seinen Vertrag im HC Davos um vier Jahre verlängerte, stand im Kleingedruckten, dass der Kontrakt 2017 beidseits vorzeitig aufgelöst werden könnte. Dass der HCD diese Option dann in der Tat einlöste, liess in der Eishockeyschweiz aufhorchen. Er bot Forster zwar einen neuen Einjahresvertrag bis 2018 an, doch der Spieler lehnte ab: «Ich wollte den Vertrag haben, den ich unterschrieben hatte», sagt Forster. «Ich sah keinen Grund, auf ein Jahr runterzugehen.»
Kein Abschied wie im Bilderbuch
Biel nutzte die Gunst der Stunde, gab dem Verteidiger, was er wollte: einen Vertrag bis 2019. Knapp 14 Jahre NLA-Eishockey hat Forster seit 2001 in Davos gespielt, mit einem Intermezzo in Zürich von 2005 bis 2008. Und dann so ein Ende? Keine der beiden Seiten will schmutzige Wäsche waschen, doch wenn Forster sagt, es sei ihm Wert gewesen, in Biel finanzielle Einbussen zu akzeptieren, liest sich das zwischen den Zeilen nicht wie der Abschied im Bilderbuch. «In Biel habe ich das Gefühl, dass auf mich gesetzt wird», sagt Forster. «In Davos war das nicht mehr der Fall.»
In Biel ist Forster in der ausschliesslich mit Schweizern besetzten Verteidigung sogleich in der Rolle des unbestrittenen Abwehrchefs. Sportchef Steinegger hat hohe Erwartungen: «Ein absoluter Leader sein. Ich würde nicht gerade sagen, dass er eine Vaterrolle für die Jungen einnehmen soll, aber doch eine Figur sein, an der sie hochschauen und an ihr festhalten können. Mit seiner physischen Präsenz soll er Sicherheit verleihen und auf und neben dem Eis ein Vorbild sein.» Das ist nicht wenig für einen einzelnen.
Es ist ihm ernst
Wenn Forster nun sagt, dass er damit keine Probleme habe und er noch höhere Erwartungen habe als alle anderen, dann tönt das vielleicht zunächst einmal nach üblichem Business Talk. Aber wer Forster kennt, weiss, dass er solche Dinge ernst meint, dass er auch gerne mal aneckt. «Andere sind rund, passen sich an, ich habe Kanten», sagt er.
In Davos zeigte sich dies, wenn er nicht immer systemtreu agierte und den Spielaufbau kurz verzögerte – damit kann man beim Rekordmeister den Trainer so richtig doll ärgern. «Ich nahm mir hin und wieder die Freiheiten, den Pass so zu spielen, wie ich es für richtig fand. Ich habe das Selbstvertrauen um zu wissen, dass ich auch mal eine halbe Sekunde länger warten kann», sagt Forster.
Und Forster erklärt wohl als Einziger offen den Meistertitel zum Saisonziel im EHC Biel, dem Club, der seit dem Wiederaufstieg 2008 trotz vier Playoff-Teilnahmen in den letzten sechs Jahren noch keine Serie gewinnen konnte. «Wahrscheinlich schütteln jetzt selbst ein paar unserer Fans den Kopf. Aber der Titel war immer mein Ziel. Und es braucht die im tiefsten Herzen überzeugten Spieler, um den nächsten Schritt tätigen zu können.»
Steinegger: «Genugtuung nicht mehr erlauben»
Dieser nächste Schritt. Weg vom sympathischen Underdog, zu dem der EHC in den letzten Jahren auch dank des letzte Saison entlassenen Trainers Kevin Schläpfer wurde. Der Wunsch ist in Biel spürbar. «Sympathisch können wir ja bleiben», sagt Sportchef Steinegger lachend. «Und wir sind eigentlich kein Underdog mehr, wir waren ja zuletzt mehrfach im Playoff.»
Auch darum trauert Steinegger noch immer über die letzte Saison und einer verpassten Chance nach. Als die Mannschaft sich frühzeitig und souverän fürs Playoff qualifiziert hatte, war die Luft draussen, acht der neun Spiele bis zum Saisonende gingen verloren, Genugtuung hatte sich breitgemacht.
«So etwas wollen wir nicht mehr erlauben», sagt Steinegger. Das Hauptziel laute zwar immer noch «Playoff, denn schon dieses zu erreichen, wird zum grossen Kampf. Doch wenn wir es schaffen, soll der Hunger weiter erhalten bleiben. Und eine Figur wie Beat kann diesbezüglich viel bewirken. Er hat uns gleich am Anfang gesagt, dass ihm das Playoff alleine nicht reiche …»
«In Bern gewinnen wollen. Zu null.»
Forster selbst hat sich dies zur Aufgabe neben dem Eis gemacht. Der sechsfache Schweizer Meister sagt, er sei sich Erfolg gewohnt, er wolle in Biel darum der Mannschaft das Gefühl von Selbstvertrauen vermitteln: «Wir haben hier alles: das modernste Stadion der Schweiz, eine super Mannschaft. Aber die Bescheidenheit ist sehr gross. Natürlich ist das ein Prozess, der nicht von einem Tag auf den anderen passiert. Aber irgendwann in dieser Saison müssen wir bereit sein, um auch nach Bern mit breiter Brust zu fahren und dort gewinnen zu wollen – zu Null.»
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