Französischer Kommissar warnt Frankreich
Würde der wichtigste EU-Kommissar, «Wirtschaftsminister» Pierre Moscovici, auch gegen sein eigenes Land Frankreich die EU-Regeln durchsetzen? Heute nahm er dazu Stellung.

Der designierte EU-Wirtschafts- und Finanzkommissar Pierre Moscovici verspricht, im Streit um das französische Haushaltsdefizit seinem Heimatland keine Vorzugsbehandlung einzuräumen. Vielmehr warnte er heute bei seiner Anhörung im EU-Parlament Paris vor Alleingängen. «Nicht eine einzelne Regierung, sondern die Europäische Kommission entscheidet darüber, ob ein Aufschub eingeräumt wird», sagte der französische Ex-Minister in Brüssel.
Die französische Regierung will die Defizitmarke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung erst 2017 einhalten und braucht damit zwei Jahre länger als mit den EU-Partnern vereinbart. Im laufenden Defizitstrafverfahren drohen Milliardenstrafen, die aber in der Praxis noch nie verhängt wurden.
Premier Manuel Valls sagte Mitte September, in Budgetfragen entscheide Frankreich alleine, «was es zu tun hat». Der Konflikt um das Defizit ist politisch extrem delikat, weil Paris bereits zweimal einen EU-Aufschub bekam.
Will gegen Defizitsünder vorgehen
Moscovici, der bis zum Frühjahr Wirtschafts- und Finanzminister in Paris gewesen war, ging im Detail nicht auf den Haushalt ein. Der insbesondere von deutschen und französischen Konservativen kritisierte Sozialist sicherte aber zu, gegen Defizitsünder in Europa durchzugreifen.
«Falls ein Land, gross oder klein, die Regeln nicht einhält, nicht die nötigen Schritte einleitet», werde er das Defizitverfahren vorantreiben, versicherte er von den EU-Abgeordneten. Ausserdem wies der Franzose Vorwürfe zurück, er habe als Finanzminister in Paris das Defizit nicht in den Griff bekommen. Während seiner Amtszeit von 2012 bis 2014 sei die Neuverschuldung von über 5 Prozent auf 4,1 Prozent gesunken.
Der konservative EU-Parlamentarier Burkhard Balz gab sich jedoch nicht überzeugt und zweifelte die Eignung Moscovicis an. Denn dieser vertrete «das Modell der Ankurbelung der Wirtschaft durch Staatsausgaben», liess Balz verlauten
Absage an gemeinsame Schuldenpolitik
Der aktuell amtierende Wirtschaftskommissar Jyrki Katainen aus Finnland wird von Mitte des Monats an mit der Prüfung der Budgets der EU-Mitgliedsländer für das kommende Jahr beginnen. Falls die neue Kommission von Präsident Jean-Claude Juncker pünktlich zum 1. November übernimmt, muss sie sich dann im Detail damit auseinandersetzen.
Moscovici erteilte ausserdem einer gemeinsamen europäischen Schuldenpolitik für die absehbare Zukunft eine Absage. Sogenannte Eurobonds seien während seines bis 2019 laufenden Mandats «nicht aktuell». Da er auch für Steuern zuständig ist, will der Franzose das Vorhaben einer europäischen Steuer auf Finanztransaktionen weiter vorantreiben. Dazu hatten sich elf Länder unter Führung Deutschlands und Frankreichs zusammengeschlossen.
Harter Brocken für die Schweiz
Als künftiger Steuerkommissar wird auch die Schweiz mit Moscovici zu tun haben. So stehen etwa Verhandlungen über den automatischen Informationsaustausch mit der EU an.
Moscovici hatte in seiner Zeit als französischer Finanzminister die Schweiz wegen ihrer Steuerpolitik immer wieder scharf kritisiert. Er verteidigte auch das von Paris forcierte, neu verhandelte Erbschaftssteuerabkommen zwischen Frankreich und der Schweiz, dank dem der französische Fiskus seine Hand stärker in die Schweiz ausstrecken wollte. Das Abkommen wurde jedoch vom Parlament in Bern abgelehnt. Darauf hin kündigte Paris das Abkommen. Und auch bei der Suche nach einer Lösung zur Regularisierung französischer Schwarzgelder in der Schweiz hatte sich Moscovici stets hart gezeigt.
SDA/cpm
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