Frauen und Ausländer sollen Dienst leisten
Ein Verein aus der Romandie will die Wehrpflicht neu erfinden.

Sie verstehen sich als eine alternative Stimme im Streit um die geplante Revision des Zivildienstgesetzes. Das sagt Co-Präsidentin Noémie Roten über ihren Verein ServiceCitoyen.ch. Die Organisation mit Sitz in der Romandie will die Dienstpflicht in der Schweiz ausweiten: zu einem Bürgerdienst, der über das Militär hinausgeht und auch die Frauen einbindet.
Entstanden ist die Idee bereits 2011. «Wir haben uns an der Unterstellung, dass die Jungen für die Armee zu faul seien, gestört», sagt Roten, die hauptberuflich für die Denkfabrik Avenir Suisse tätig ist. Zudem sei es inzwischen doch überholt, dass die Wehrpflicht lediglich für Männer gelte – und erst noch viele von ihnen für untauglich erklärt würden. Bei allen 20-jährigen Männern und Frauen leiste nur jeder Vierte in einer Form Dienst, rechnet Roten vor.
Die Idee eines Bürgerdienstes hat sich inzwischen konkretisiert. Roten und ihre Vereinskollegen planen eine Volksinitiative. Konkret schwebt ihnen vor, dass jede Bürgerin und jeder Bürger einen Milizeinsatz zugunsten der Gesellschaft und der Umwelt leistet. «Das könnte in der Armee, im Zivildienst, sogar in der freiwilligen Feuerwehr oder in der kommunalen Politik der Fall sein», sagt Roten.
Es gehe dem Verein keinesfalls darum, die Armee zu schwächen: «Der Sollbestand der Armee wird im Initiativtext garantiert.» Die heute 30-Jährige hat 2008 selbst als Lastwagenfahrerin die Rekrutenschule absolviert. Die Initianten wollen die Armee sogar stärken: «Durch den grösseren Rekrutierungspool hat das Militär mehr Auswahl.»
Jungparteien sind dabei
Rekrutiert werden sollen alle 18- bis 20-jährigen Schweizerinnen und Schweizer. «Wir wollen auch für Ausländer eine Tür offenhalten. Nicht bei der Armee, sondern beim Zivildienst, -schutz oder bei anderen im Gesetz vorgesehenen gleichwertigen Diensten», sagt Roten. Ihr schwebt ein Bewerbungsverfahren vor, in dem die jungen Dienstleistenden ihre Präferenzen angeben können. Eine komplette Wahlfreiheit sei dabei indes nicht möglich – Beschränkungen, etwa gesundheitlicher Natur, müssten bei der Einteilung weiterhin berücksichtigt werden.
Der Verein steht mit seiner geplanten Initiative noch ganz am Anfang. Inzwischen wurde ein 18-köpfiges Initiativkomitee gegründet – mit einer breiten politischen und regionalen Abstützung, wie die Co-Präsidentin betont. Insbesondere die Junge GLP und die Junge BDP seien ihnen zugetan. Auch aus der Deutschschweiz kämen positive Signale, so könnte sich demnächst etwa der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried im Unterstützungskomitee engagieren. Der breite Support bedeute im Umkehrschluss aber auch, dass ihr Vorhaben über das ganze politische Spektrum auf Kritik stossen könne, räumt Roten ein.
Kritik von rechts
So findet die Idee beim Präsidenten der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, Werner Salzmann (SVP), keinen Anklang. Der Zivilschutz sei Sache der Kantone, der Zivildienst und die Armee hingegen des Bundes. «Mit der Ausweitung der Wehrpflicht auf die verschiedenen Institutionen gäbe es eine Verschmelzung. Das würde eine Verfassungsänderung bedingen», sagt er. Ohnehin habe es nun Priorität, den Armeebestand sicherzustellen – und dies liesse sich mit der Auswahl und dem vergrösserten Rekrutierungspool, die dem Verein vorschweben, nicht lösen. «Ich bin für die Unterstützung von Frauen, die freiwillig Dienst leisten wollen», sagt Salzmann. Eine Wehrpflicht für Frauen lehne er aber ab.
Service Citoyen plant die Volksinitiative erst nächstes Jahr zu lancieren. «Wir wollen die Revision des Zivildienstgesetzes abwarten», erklärt Co-Präsidentin Noémie Roten, «sonst sorgt das für Verwirrung.»
Ursprünglich sollte der Ständerat das Geschäft in der Sommersession behandeln, die heute beginnt. Kürzlich hat dessen Sicherheitspolitische Kommission aber eine Sistierung beschlossen: Weil die Rekrutierungszahlen im Zivilschutz stetig sinken, will die Kommission prüfen, ob eine Zusammenführung mit dem Zivildienst Sinn macht.
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